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„Medien und ihr Bildungsauftrag – Waskönnen Kinder heutzutage von den Medienlernen?“BachelorarbeitZur Erlangung des akademischen Grades desBachelor of Arts (B. A.)Vorgelegt an der Hochschule Merseburg FB Soziale Arbeit.Medien.Kulturim Studiengang Kultur- und Medienpädagogikbei Torsten Linke, M. A. (1. Prüfer) und Prof. Dr. Konrad Weller (2.Prüfer)Von Cosima Sophia HofmannMerseburg, 15.02.2016Matrikelnummer: 18269Email-Adresse: [email protected]

Inhaltsverzeichnis1.! Einleitung32.! Die Medien52.1.!Der Medienbegriff52.2.!Die Funktionen von Medien62.3.!Die Dimensionen von Medienkompetenz72.4.!Die Sozialisationswirkung von Massenmedien92.4.1.! Der alltägliche Umgang mit Massenmedien2.5.!Die Mediensozialisation3.! Aktuelle Studien zur Mediennutzung von Kindern1011123.1.!KIM-Studie 2014: Kinder Medien, Computer Internet123.2.!DIVSI U9-Studie: Kinder in der digitalen Welt144.! Soziale Orientierung durch Fernsehen224.1.!Das Fernsehen als Gesprächsanreger in der Familie?234.2.!Qualität im Kinderprogramm – Eltern haben eine Monopolstellung244.3.!Soziale Ungleichheiten in der Medienkindheit275.! Fazit306.! Literaturverzeichnis327.! Selbstständigkeitserklärung36II

1.! EinleitungVom Beginn ihres Lebens an sind Kinder von Medien umgeben, sie wachsen heutein vielfältigen Medienumgebungen, ja in „Medienwelten“ auf und gerade in derFamilie kommen Kinder „ganz natürlich“ mit einer ganzen Medienpalette inBerührung. Dabei entdecken sie nach und nach die Möglichkeiten einer beinahegrenzenlosen Medienwelt. Schon zu früheren Zeiten waren Kinder, oft von ihrerNeugier und ihrem Verlangen nach neuen visuellen Reizen angetrieben, für einbreites mediales Spektrum zu begeistern. Doch was können Kinder heutzutage vonden Medien lernen? Dieser Frage soll die vorliegende Arbeit auf den Grund gehen.Dabei wird das Augenmerk allein auf Kinder gerichtet, deren Kindheit sich inverschiedene Phasen unterteilen lässt. Dies ist etwa in rechtlicher Hinsicht hresbzw.entwicklungstheoretisch bis zum Beginn der Geschlechtsreife und wird gewöhnlichin die Säuglings- (0-2 Jahre), Kleinkind- (2-6 Jahre) und Schulkindzeit (6 bis 14Jahre) untergliedert (vgl. Böhm 2000, 296).Der Wissensdurst ist bei den meisten Kindern sicher auch heutzutage nicht zubremsen, jedoch bedienen sie sich mittlerweile anderen Werkzeugen und scheinenauch so Einiges mehr zu wissen, als etwa noch die Kinder vor 10 Jahren. Sie bewegensich in der heutigen Zeit beinahe selbstverständlich und autark in der weitenMedienlandschaft. Dabei können sie, oft noch bevor sie lesen und schreiben können,Symbole erkennen, die ihnen beispielsweise den Aufruf von Webangebotenermöglichen. Medienbildung scheint auch im Alltag ein fest verankerter Bestandteilim Leben eines jungen Menschen zu sein, wobei die Auswirkungen desMedienkonsums von Kindern und Jugendlichen immer wieder öffentlich diskutiertwird. Dennoch weckte die Tatsache, dass es so gut wie unmöglich ist sich demgegenwärtigen Einfluss der Medien zu entziehen, die Aufmerksamkeit der Medien zudieser Thematik, die Aktualität und insbesondere die Bildungsmöglichkeiten vonMedien mein Interesse für dieses Themengebiet. Die KIM-Studie 2014 vomMedienpädagogischen Forschungsverbund Südwest und die U9-Studie: „Kinder inder digitalen Welt“ vom Deutschen Institut für Vertrauen und Sicherheit im Internet,sowie die Ergebnisse der strukturanalytischen Rezeptionsforschung „Medienkonsumund Lebensbewältigung in der Familie“ (Charlton/Neumann 1986) lieferten dabei3

wichtige Erkenntnisse und Eindrücke zur tatsächlichen Situation in der kindlichenMedienlandschaft.Es sollte geklärt werden, welche Sozialisationsinstanzen für das Verhalten prägendsind und welche positiven Beispiele aus der Medienlandschaft hervorzuheben sind.Am Ende ist eswichtig zu klären, inwiefern Kinder bildungs- undentwicklungsrelevant von den Medien profitieren können, denn nicht nur dieMedienerziehung und die Mediensozialisation bilden das Grundgerüst für einekindgerechte Medienkompetenz. Auch muss betrachtet werden, wie das medialeBildungsangebot im Kontext der sozialen Ungleichheiten bei Kindern genutzt wird,d. h. ob die soziale Herkunft bei der Mediensozialisation eine Rolle spielt oder nicht.Generell möchte ich mit dieser Arbeit darstellen, inwiefern Kinder in der heutigenZeit mit Fernsehen als Leitmedium umgehen und wie ihnen der Personal-Computerals Informationsquelle innerhalb und außerhalb der Schule dient. Die Ausführungenzu dieser Thematik beginnen zunächst mit der Klärung des Medienbegriffs und indiesem Zusammenhang wird auf die verschiedenen Funktionen der Medieneingegangen. Im nächsten Schritt wird die Wirkung von Sozialisationsinstanzen beider Mediensozialisation von Kindern beleuchtet, welche letztendlich das Grundgerüstvom Medienkonsum darstellen. Im Hauptteil werde ich auf die repräsentativenStudien eingehen, dabei liegt einerseits das Augenmerk auf dem Fernsehen. DieZentrierung auf das Medium Fernsehen erklärt sich aus der traditionell starken Rolle,die es nach wie vor im Alltag von Kindern einnimmt. In diesem Zusammenhangwerde ich unter anderem auf den Fernsehkonsum, auf die Wirkungen derFernsehnutzung und den Umgang damit in den Familien eingehen. Andererseits wirddas medium Computer ein weiterer Schwerpunkt sein, anhand dessen dieMediennutzung von Kindern weiter ausgeführt wird. Des Weiteren werde ich dieMedienkompetenzen und in diesem Zusammenhang die Dimensionen dieserKompetenzen erörtern. Am Ende möchte ich die positiven Erkenntnisse über dieMediensozialisation von Kindern noch einmal hervorheben und aufzeigen, mitwelchen positiven Beispielen nicht nur Eltern oder Pädagogen in Zukunft arbeitenkönnen. Denn je mehr sich das gesellschaftliche Leben mithilfe digitaler Medien undim Internet abspielt, desto relevanter wird eine frühzeitige Ausstattung mitentsprechenden Kompetenzen.4

2.! Die MedienUm sich der Beantwortung der Frage dieser Arbeit zu nähern, gilt es zunächst sichden Medien zu widmen. Dabei sollen zunächst Begrifflichkeit und Funktionen derMedien erörtert werden. Anschließend wird der Blick auf die Rezipientenseitegelenkt, indem Dimensionen von Medienkompetenz und die Sozialisation vonMassenmedien, insbesondere der tägliche Umgang mit ihnen näher beleuchtet wird.2.1.!Der MedienbegriffDer Begriff der Medien wird in der Literatur vielfältig und selbstverständlichverwendet, dabei gibt es viele verschiedene Begriffsbestimmungen. Claus Offedefiniert den Begriff folgendermaßen:„Medien gehören zu den Akteuren, die die Gesellschaft gegenüber den Trägernpolitischer Herrschaft repräsentieren. Sie erzeugen Aufmerksamkeit für politischeProbleme, Entwicklungen und Programme, tragen zur Meinungs- und Urteilsbildungbei und erfüllen für Parteien, Verbände und soziale Bewegungen eineVerstärkerfunktion (.)“ (Offe, 2003, 446).Der überwiegende Teil der deutschen Bevölkerung wird an einem durchschnittlichenTag von den Medien, insbesondere von den Massenmedien, wie dem Fernsehen oderdem Computer erreicht (vgl. Klinger/Feierabend 2006, 17). Die Massenmedienwurden als Erstes von Soziologen und Sozialpsychologen untersucht, die in ihrerForschung auf den Druck und den Einfluss, den die Medien ausübten, verwiesen.Weiterhin machten diese Wissenschaftler darauf aufmerksam, dass bestimmteUrteile, Meinungen sowie Verhaltensmuster übernommen werden können (vgl.Böhm 2000, 359). Massenmedien sind demnach „Techniken der Verbreitung undVervielfältigung von schriftlichen, bildlichen oder verbalen, musikalischen Aussagen(Informationen, Signalen, Symbolen u.a.) für einen großen heterogenen, nicht genaubestimmten Adressatenkreis“ (Hillmann 1994, 530). Anhand der Zitate von Offe undHillmann kann man erkennen, dass die beiden Autoren inhaltlich mit ihrer Meinungübereinstimmen, denn beide sagen, dass die Medien für die Verbreitung vonInformationen, Wissen und Botschaften verantwortlich sind. Hillmann geht in seinerDefinition auf die Adressaten ein, während Offe den Schwerpunkt auf Medien imZusammenhang mit der Politik gesetzt hat. Eine Zusammenfassung desMedienbegriffs geben Dittler und Hoyer: “Medien sind im Wortsinn Vermittler nschauungen“5

(Dittler/Hoyer 2006, 8). Zusammenfassend lässt sich sagen, dass durch die MedienKinder neues Wissen und neue Erkenntnisse gewinnen können, aber sich auch neueMeinungen bilden. In der heutigen Zeit und Gesellschaft ist der Einfluss der Mediensehr hoch und das ist letztendlich nur einer von vielen Gründen, warum Eltern undPädagogen bei der Auswahl des Medienangebotes doch genauer hinschauen sollten.2.2.!Die Funktionen von MedienDie Funktionen der Medien sind sehr vielfältig. Für die meisten Kinder ist der Besitzund die Handhabung bestimmter Medien selbstverständlich, denn sie wachsen mitihnen auf. Dabei stellen sie für ihre Eltern oft eine Herausforderung dar, denn siemüssen sich nun neue Fähigkeiten und Fertigkeiten mit der Bedienung der neuentechnischen Entwicklungen aneignen. Auch können Medien unterschiedlicheBedürfnisse befriedigen und dementsprechend unterschiedliche Funktionen haben,zum Beispiel haben sie soziale Funktionen. Diese beinhalten, dass Kinder sichhierdurch Meinungen herausbilden können, was schon Claus Offe in seiner Definitionvon Medien dargelegt hat. Desweitern können bestimmte Medieninhalte Anlässe fürGespräche innerhalb von Peergroups oder Familien sein und dies setzt voraus, dassman gemeinsam mit anderen Zeit verbringt, sich austauscht und miteinanderdiskutiert. Weiterhin schließt die soziale Funktion von Medien die Möglichkeit derBildung einer Gruppenidentität mit ein, insbesondere in den Peergroups oderJugendkulturen. Auch bleibt festzuhalten, dass Kinder sich in den Medienweltenpositionieren können (vgl. Vollbrecht 2006, 36). Der Begriff „Medienwelt“ bedeutetin diesem Zusammenhang, dass man auf Medien im Alltag von Kindern trifft und sieihre Fähigkeiten, wie auch Fertigkeiten nachhaltig beeinflussen (vgl. ebd., 33).Medien besitzen außerdem situative Funktionen, was heißen soll, dass Medien derUnterhaltung, als Zeitfüller und somit dem Vertreiben von Langeweile(Moodmanagement), sowie der Informationsgewinnung dienen. Überdies könnenMedien die Zeit strukturieren, indem der Alltag an der Hand der Medien ausgerichtetwird. Dementsprechend haben sie eine Habituierungsfunktion. Eine letzte situativeFunktion der Medien stellt der Eskapismus dar, welcher die Medien als Möglichkeitzur Flucht vom Alltag oder der Wirklichkeit darstellt (vgl. ebd., 36). Auf der anderenSeite findet man in den Medien seinen Alltag wieder, man setzt sich mit dendargestellten Situationen auseinander und bewertet diese. Laut Vollbrecht habenMedien außerdem auch noch eine „Biographische und Ichbezogene Funktion“. Bei6

Anreize,Lösungsvorschläge oder andere Methoden zur Problemlösung aus den Mediengewinnen. Als eine weitere wichtige Funktion ist die Identitätsentwicklung zunennen, die dadurch zu Tage tritt, dass Kinder Idole, Vorbilder, Normen und Werteaus den Medien herausziehen und filtern. Nicht zu vergessen ist die Funktion derMedien als Mittel zur Selbstvergewisserung, Selbst-Reflexivität und SelbstDarstellung. Weiterhin bieten Medien Kindern die Möglichkeit an der Welt derErwachsenen teilzunehmen, denn Medien können zunächst als neue technologischeEntwicklungen und demnach als rein kognitives Wissen betrachtet werden“ (Bickler2006, 71). Generell sind Kinder in der heutigen Zeit wesentlich unbefangener imUmgang mit Medien als Erwachsene. Man kann sogar davon ausgehen, dass sie zumTeil auch wesentlich kompetenter als ihre Eltern im Umgang und der Handhabungbestimmter Medien sind, was wiederum dazu führt dass sie mit den Erwachsenenverhandeln können und ihr Mitspracherecht bei der Medienerziehung behalten. Auseiner anderen Perspektive betrachtet, können sich Kinder mit Hilfe der Medien auchstärker von den Eltern abgrenzen, indem sie einen gewissen „Expertenstatus“übernehmen. Somit schließen sich die Partizipation und die Separation als Teilhabeund Abgrenzung nicht aus. Resümierend ist also festzustellen, dass Medien in derheutigen Zeit eine hohe Funktionsvielfalt innehaben. Über soziale, situative bis zurbiografischen Funktion, bieten sie die Möglichkeit der Teilhabe an der Welt derErwachsenen und belassen dem Kind dabei jedoch die Möglichkeit der Separation.2.3.!Die Dimensionen von MedienkompetenzDie Medienkompetenz erstreckt sich über verschiedene Dimensionen, unter anderemdas Medialitätsbewusstsein und Medienwissen, welches Kinder erst erlernen müssen.Dabei bestimmt die Art der Dimensionen die Erwartungen und Steuerungen desRezipienten und stellt die Voraussetzung für die medienspezifische Verarbeitung dar.Im Rahmen des Medialitätsbewusstsein, muss den Mediennutzern bewusst sein, dassdie Medien eine konstruierte Welt erschaffen und sie sich nicht in ihrer Lebensweltbewegen. Das hat zur Folge, dass Kinder die Medien nutzen, zwischen Realität undMedialität unterscheiden können müssen und auch den Unterschied zwischen Fiktionund Realität kennen sollten. Für Norbert Groeben zählt zum Medienwissen, dass manKenntnisse über politische, wirtschaftliche und rechtliche Rahmenbedingungen, überArbeitsweisen von Medien besitzt, sowie logische Erwartungen in Bezug auf die7

Glaubwürdigkeit und Aktualität der Medieninhalte hat (vgl. Groeben 2002, 166-167).Eine weitere Dimension stellen die medienspezifischen Rezeptionsmuster dar, welchevom Bedienen technischer Geräte bis hin zum Einsatz adäquater Verarbeitungsmusterreichen. Dabei werden die technologisch-instrumentellen Fertigkeiten heute immerumfangreicher, was auch daran liegt, dass die Handhabung der Medien generellimmer komplexer wird. Eine vierte Dimension der Medienkompetenz setztMotivation und Freude für die Aufnahme und insbesondere der Aufrechterhaltung derMediennutzung voraus, denn im Mittelpunkt sollte unter anderem auch der medienbezogeneKritikfähigkeit als eine Teil-Dimension, welche eine Art Kernstück derMedienkompetenz darstellen soll. Dies lässt sich sicher damit unterstreichen, dass dieAuswahl an Medienangeboten so vielfältig ist, dass die Rezipienten in der Lage seinmüssen, zu analysieren, zu vergleichen und letztendlich auch zu bewerten, um sichvon der großen Auswahl nicht überwältigen zu lassen (vgl. ebd., 172-173). DieDimensionen der Selektion und Kombination von Mediennutzung setzen einebestimmte Auswahl und Verbindung an Angeboten unter Rücksichtnahme vonProblemstellungen, Zielsetzungen oder Bedürfnissen voraus. Generell müssen Kinderin der Fülle von Angeboten zunächst in der Lage sein, sich zu orientieren tauchdieEntscheidungskompetenz der Kinder (vgl. ebd., 175). Dass Kinder auch dazu fähigsein sollten durch die Mediennutzung aktiv teilzunehmen, beschreibt die Dimensionder produktiven Partizipationsmuster. Dies kann in Form von Rezensionen,Fernsehdiskussionen, aber auch durch die Internetnutzung und der verbundenenSuche nach Informationen (vgl. ebd., 176-177). Speziell bezüglich des Fernsehenssind die sogenannten Abschlusskommunikationen empirisch nachgewiesen wurden.Die letzte Dimension von Medienkompetenz meint vor allem den Austausch vonMedienerfahrungen mit anderen durch die kommunikative Verarbeitung. Durch dieseDimension, die meistens zu Hause, in der Schule oder in den Peergroups stattfindet,können Kinder die Kritik- und Genussfähigkeit entwickeln, indem siekommunizieren. Des Weiteren können Kinder durch solche Gespräche die Fähigkeitdes Bewertens und Beurteilens von Realität und Medialität, von Realität und Fiktion,aber auch der Glaubwürdigkeit entwickeln (vgl. ebd., 178).8

2.4.!Die Sozialisationswirkung von MassenmedienMedien können als Hilfsmittel verstanden werden, um Kommunikation herzustellenund Probleme bei der Verständigung zu lösen (K. Hurrelmann 2006, 156). Auchbeeinflussen sie die Muster der Wahrnehmung, die Interpretation von kulturellen undsozialen Ereignissen sowie intellektuelle Verarbeitungsstile und Weltbilder.Weiterhin tragen die Medien zur Enkulturation bei, also zum Erwerb vonBedeutungen, Verständigungsmustern und Werthaltungen, die in der Kultur einerGesellschaft vertreten sind. Sofern es Medien ermöglichen, große Gruppen vonMenschen zu erreichen, werden sie daher als Massenmedien bezeichnet, wozu sich inder Regel die Medien Buch, Zeitung, Radio, Fernsehen, Film und Computer zählendürfen, wobei ihre sozialisatorische Wirkung nicht leicht zu erfassen ist. Generellunterscheiden sich Massenmedien von anderen für die Sozialisation relevantenOrganisationen (Betriebe, Religionsgemeinschaften) dadurch, dass sie die Adressatenihrer Aktivität weder als Mitglieder noch als Klienten, sondern in der Regel nur alsanonymes Publikum ansprechen. Dieses Publikum ist nicht in ein perationeinbezogen.DerOrganisationszweck der Massenmedien liegt in der Information und Unterhaltungbreiter Bevölkerungsgruppen, potenziell aller Mitglieder einer Gesellschaft und nichtnur eines Teils von ihr. Auch hierin unterscheiden sich die Massenmedien von denübrigen organisierten Teilsystemen mit Sozialisationsrelevanz (vgl. dienfürdiePersönlichkeitsentwicklung eines jungen Menschen sind, hängt nur zu einem Teil vonden Inhalten und der Dramaturgie der dargebotenen Botschaften ab, denn zu einemweiteren Teil entscheidend sind persönliche Merkmale des Rezipienten und dessenEinbindung ins soziale Umfeld. So ist etwa bei Kindern und Jugendlichen dielangfristige Wirkung auf die Persönlichkeitsentwicklung davon abhängig, welcheInhalte des Fernsehens über welchen Zeitraum aufgenommen werden, auf tionen,EinstellungenundHandlungsmustern die Informationen trifft und in welchem sozialen Kontakt dieInformation aufgenommen wird. Es bleibt zu klären, „ob sie also verarbeitet undbewertet, im Geschwisterkreis oder im Familienkreis diskutiert und nachbereitet wirdoder nicht“ (Fromme/Kommer/Mausel 1999).9

2.4.1.!Der alltägliche Umgang mit MassenmedienDurch ständige Neuentwicklungen der Informations- und Kommunikationstechnik istdie Bedeutung der Massenmedien im Lebensalltag der Menschen in allenLebensphasen in den letzten Jahren angestiegen. Dadurch wurde die gesamte sozialeund materielle Umwelt stark medialisiert. Man kann festhalten, dass Massenmedienzu einem durchgehenden Bestandteil der sozialen Lebensbedingungen geworden sindund zugleich in allen Lebensphasen und Lebenssituationen als Vermittler der äußerenRealität auftreten. Gleichzeitig haben sie einen Doppelcharakter da sie Bestandteilder äußeren Realität sind und zugleich auch durch ihre mediale Funktion eineVermittlung von äußerer Realität anbieten. Im Grunde durchdringen dieMassenmedien alle anderen sozialen Organisationen einer Gesellschafft (vgl.Rolff/Zimmermann 1990). Dabei werden gesellschaftliche Normen, Werte,Wissensbestände und Verhaltensweisen der jungen Generation in einem hohenAusmaß über das Medium der elektronischen Massenmedien, wie etwa Computeroder Fernsehen vermittelt (K. Hurrelmann 2006). Im Hinblick auf die vielfältigeNutzung von Geräten wird dabei von Wissenschaftlern von einer „Medienkindheit“und „Medienjugend“ gesprochen. Dabei erscheint es nicht immer eindeutig, ob dieKinder und Jugendlichen in ihrer jeweiligen Entwicklungsphase in der Lage sind, mitden unterschiedlichen Inhalten der Massenmedien umzugehen. Es stellt sich auch dieFrage, inwiefern die noch in ihrer Entwicklung stehenden Kinder und Jugendlichendie notwendige Wahrnehmungskompetenz und Urteilskraft besitzen, um chständigeMedienkonfrontation für sich sinnvoll nutzen zu können (vgl. Vollbrecht 2001, 136).Grundsätzlich lässt sich jedoch herauslesen, dass Kinder die Medien so für sichnutzen, dass sie für ihre weitere Persönlichkeitsentwicklung von Vorteil und nichtvon Nachteil sind (vgl. Baacke/Sander/Vollbrecht 1991). Abschließend betrachtet,kann man wohl auf lange Sicht festhalten, dass ein souveräner Umgang mit Inhaltenund Formen und eine angemessene Fähigkeit zur Decodierung der formalenDarstellungsformen und der Inhalte sowie der Kompetenz zur sinnvollen erbloßmedienkonsumierenden Rolle wichtig ist. (vgl. Vollbrecht 2001, 136).10

2.5.!Die MediensozialisationEs gibt einige Definitionen zur Mediensozialisation. Dieter Geulen beschreibt dieMediensozialisation als einen „Prozess, durch den neuen Mitglieder einerGesellschaft die grundlegenden Elemente ihrer Kultur vermittelt werden“ (Geulen2003, 144). Seit den 1960er Jahren spielt die Sozialisation eine stetig größere Rolleund wurde in die pädagogische Diskussion eingeführt. Im Laufe der Zeit entstandenviele unterschiedliche Definitionen des Sozialisationsbegriffs, dabei fasst KlausHurrelmann mit seiner Definition die Aspekte der Begriffsbestimmungen zum Begriffzusammen: „Sozialisation bezeichnet (.) den Prozess, in dessen Verlauf sich der miteiner biologischen Ausstattung versehene menschliche Organismus zu einer sozialhandlungsfähigen Persönlichkeit bildet, die sich über den Lebenslauf hinweg inAuseinandersetzung mit den Lebensbedingungen weiterentwickelt. Sozialisation istdie lebenslange Aneignung und Auseinandersetzung mit den natürlichen Anlagen,insbesondere den körperlichen und psychischen Grundmerkmalen, die für denMenschen die „innere Realität“ bilden, und der sozialen und physikalischen Umwelt,die für den Menschen die „äußere Realität“ bilden.“ (K. Hurrelmann 2002, 15-16).Aufenanger hingegen, klassifiziert die bisherigen Ansätze zur Mediensozialisation indrei Sichtweisen (vgl. Aufenanger 2008): In der ersten Gruppe dominiert dieAuffassung, dass die Medien auf den Menschen einwirken. Dabei sind typischeThemen hierbei die Wirkung von Gewalt und Werbung, die Wirkung von Medienwird meist nur unter einem negativen Aspekt gesehen. Die Vertreter der zweitenGruppe stellen die Mediennutzenden in das Zentrum und fragen, was der Mensch mitden Medien macht. Dabei beschreiben sie die Nutzer als medienkompetenteAgierende, die das Medienangebot für sich selektieren. In der dritten Gruppe befindensich Ansätze, welche die Interaktion von Medienangebot und Nutzenden betonen.Dabei soll der gegenseitige Einfluss mit Blick auf dieses Interaktionsgefüge gesehenwerden. Die Interaktion von Medienangebot und Nutzer entspricht laut Aufenangerder neuen Sichtweise der Sozialisation. Bezogen auf Hurrelmann beschreibt er dieMediensozialisation als Prozess, „indem sich das entwickelte Subjekt aktiv mit seinermediengeprägten Umwelt auseinandersetzt, diese interpretiert, sowie aktiv in ihrwirkt und zugleich aber auch von Medien in vielen Persönlichkeitsbereichenbeeinflusst wird.“ (ebd., 88). Alles in allem beinhaltet die Sozialisation den Erwerbvon bestimmten Verhaltensweisen, Normen und Werten die für das Leben des11

Menschen in einer Gesellschaft notwendig sind und von Generation zu Generationweitergegeben werden - als ein lebenslanger Prozess. Somit genießt die Sozialisationspeziell in der Kindheit eine besondere Bedeutung, denn Kinder würden ohne siesicher keine soziale Wesen werden können. Dabei sind soziale und auch sensorischeAnregungen genauso von großer Bedeutung wie beispielsweise die Nahrung rschiedlicheSozialisationsinstanzen, welche alle zur Vergesellschaftung des Individuumsbeitragen. Natürlich stellt die Familie die primäre Sozialisationsinstanz dar, währenddie Schule zur sekundären Instanz gezählt wird und hiernach die tertiären Instanzen,die Peergroups, in Konkurrenz zu den ersten beiden Sozialisationsinstanzen treten.Bezogen auf die derzeitige Situation, kann man davon ausgehen dass Kinder in ihremFamilienleben von einer breiten Auswahl an technischen Geräten und Medienumgeben sind. Dabei scheinen gerade die Massenmedien wie Fernsehen undComputer von immenser Bedeutung. Herauszustellen ist dabei, dass auch die Medienals Sozialisationsinstanz für die Herausbildung von Fertig- und Fähigkeiten,Verhaltensmustern und Interessen verantwortlich sind. Des Weiteren gewinnenMedien eine Relevanz für die Sozialisation, indem sie Kinder als Konsumentenberücksichtigen und „in die Handlungssysteme der unmittelbaren persönlichenInteraktion und Kommunikation hinein wirken.“ (B. Hurrelmann 1994, 388). DemUmgang mit Medien, sowie der Aufnahme und Verarbeitung der unterschiedlichenMedienangebote durch Kinder, muss man Beachtung in der Mediensozialisationschenken. Es bleibt zu konstatieren, dass dies ein wichtiger Bestandteil in Familiensein sollte, denn Medien und vor allem der Mediengebrauch von Kindern ist eine(mit-)prägende Komponente in der Kommunikation und Aktion von Familien (vgl.ebd., 387).3.! Aktuelle Studien zur Mediennutzung von KindernZur Mediennutzung von Kindern bzw. Jugendlichen existieren eine Vielzahl ng.Alsbesondersrepräsentative Exemplare sollen im Folgenden die KIM-Studie 2014 und die DIVSIU9-Studie näher betrachtet werden.3.1.!KIM-Studie 2014: Kinder Medien, Computer InternetDer Medienpädagogische Forschungsverbund Südwest ist ein Kooperationsprojektder Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg und der Landeszentrale12

führtderMedienpädagogische Forschungsbund repräsentative Studien (JIM, KIM und FIM)zum Medienverhalten von Kindern, Jugendlichen und Familien durch. Bei der KIMStudie werden seit 1999 regelmäßig Kinder im Alter von 6 bis 13 Jahren und ihreMütter zum Stellenwert der Medien in ihrem Alltag befragt.1 Die KIM-Studie ist alsLangzeitprojekt angelegt, und schließt nahtlos an die JIM-Studie an. Es bietet sich zuBeginn an, die Ausstattung der Haushalte zu betrachten. In der Einleitung zu dieserArbeit wurde bereits darauf hingewiesen, dass Kinder schon sehr früh Kontakt zu denMedien haben und dass dieser Kontakt zunächst indirekt ist. Um Medien nutzen zukönnen, müssen sie auch für die Kinder verfügbar sein, sei es durch Eigenbesitz,durch den Besitz von Medien durch die Eltern oder durch Dritte, etwa Freunde.Kinder wachsen heute in Haushalten auf, in denen eine Vielzahl an Mediengerätenzur Verfügung steht. In Familien mit 6- bis 13-jährigen Kindern besteht bei Fernseher,Handy/Smartphone, Computer/Laptop und Internetzugang (nahezu) Vollausstattung.Ein Radio steht in neun von zehn Familien zur Verfügung, während CD-Player,DVD-Player und Digitalkamera in gut acht von zehn Haushalten vorhanden sind. Inknapp drei Viertel der Familien gibt es eine Spielkonsole, wobei stationäre Versionen(55%) etwas häufiger sind als tragbare Varianten (51%). 39% der Haushalte habenein Tageszeitungs-Abonnement und 11% verfügen über Pay-TV. Die Ausstattung mitSmartphones hat sich seit der letzten Erhebung 2012 drastisch, namentlich um 31%erhöht, während die Ausstattungsrate bei Tablet-PCs im Vergleich dazu deutlichschwächer um 7% auf 19% angestiegen ist. Jedoch ist die Nutzung eines Tablets nurfür eine Minderheit der deutschen Kinder eine Option, vielleicht gerade auch wegender verbreiteten Diskussionen um die intuitive Bedienung der Oberfläche des Geräts.Betrachtet man nur diejenigen Kinder, die Zuhause einen Tablet-PC zur Verfügunghaben, so nutzt die Hälfte das Gerät regelmäßig zum Spielen, gut ein Drittel siehtdarauf Fotos oder Videos an oder surft im Internet. Insgesamt nutzen 63% der 6-13Jährigen zumindest selten das Internet, dieser Anteil hat sich seit der letzten Erhebungder KIM-Studie 2012 nur marginal um einen Prozentpunkt erhöht. Dahingegengestiegen ist jedoch die Häufigkeit der Nutzung; von denjenigen, die das Internetjeden oder fast jeden Tag nutzen. Dabei handelt es sich mittlerweile um 40%, währendes 2012 noch 36% und 2010 noch 26% waren. Während Mädchen und Jungen bei !!!!!!!!!1Vgl. hierzu http://www.mpfs.de/index.php?id 462, Zugriff: 10.02.2016.13

täglichen Internet-Nutzung so gut wie keine Unterschiede aufweisen, sind diejüngeren Kinder zu einen deutlich geringeren Anteil vertreten. Hinsichtlich derZugangsgeräte liegen Computer und Laptop bei Kindern weiterhin mit Abstand anerster Stelle. Neun von zehn Internetnutzern zwischen 6 und 13 Jahren nutzen dasInternet regelmäßig über PC und Laptop, ein Drittel der Kinder gehen regelmäßig mitihrem Handy/Smartphone online. Erst danach folgen mit 11% die Spielekonsolen,während der Zugang über den Tablet-PC nur für eine Minderheit von 5% relevant ist.Dennoch kann man festhalten, dass trotz der wachsenden Bedeutung des Internets dasFernsehen für Kinder zwischen 6 und 13 Jahren das wichtigste Medium bleibt, wennman den 61% der befragten Kinder Glauben schenkt. Auch bei der täglichen Nutzungscheint das Fernsehen als Spitzenreiter hervorzugehen, denn 79% der Kinder schauentäglich fern, während das Internet nur von jeden Vierten an jedem bzw. zumindestfast jedem Tag genutzt wird. Betrachtet man den Umgang der Familien mit derMedienerziehung intern, findet man einige Unterschiede. So haben laut der Studie80% der Eltern, deren Kinder das Internet nutzen, mit ihnen Absprachen dazugetroffen, welche Angebote und Seiten sie im Internet besuchen dürfen und auchwelche Computer- und Konsolenspiele gespielt werden. Außerdem wurde darübergesprochen, welche Fernsehsendungen gesehen werden dürfen. Zum Thema Handyund Smartphone wurden hierbei am wenigsten Regeln aufgestellt. So reglementierenzwar drei von fünf Haupterziehern, welche Dinge das Kind mit den Mobiltelefonmachen darf, jedoch zum Beispiel nicht einmal zur Hälfte, wie lange es genutztwerden darf. Wahrscheinlich ist dieses Gebiet für die meisten Eltern noch eine ArtZwickmühle. Denn obwohl sie beklagen, dass ihre Kinder zu viel Zeit mit dem Handyverbringen, bewerten sie es auf der anderen Seite auch positiv dass sie den Nachwuc

„Medien und ihr Bildungsauftrag – Was können Kinder heutzutage von den Medien lernen?“ Bachelorarbeit Zur Erlangung des akademischen Grades des Bachelor of Arts (B. A.) Vorgelegt an der Hochschule Merseburg FB Soziale Arbeit.Medien.Kultur im Studiengang