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SOLAR-PRODUKTIONIN DEUTSCHLANDStrategische Innovationsführerschaft alsEckpfeiler einer europäischenEnergiesouveränität

BIG PICTUREWir stehen vor dem Beginn eines Solar-Energiezeitalters. Ingroßen Teilen der Welt ist die Photovoltaik (PV) nach nurzwei Entwicklungsdekaden bereits die mit Abstand kostengünstigste, umwelt- und klimafreundlichste Technologie, umElektrizität zu gewinnen.Globale Ambitionen für mehr Klimaschutz, eine anhaltende Kostendegression sowie praktisch überallverfügbare Sonneneinstrahlung lassen die solare Elektrizitätserzeugung weltweit langfristig zurbedeutendsten Energiequelle werden. Diese Entwicklung trifft auf einen Strombedarf, der allein inDeutschland bis 2030 um mehr als ein Viertel steigen wird1 – getrieben durch eine Dekarbonisierungauf Grundlage der Elektrifizierung von immer mehr Lebensbereichen und Sektoren wie der Elektromobilität, aber auch durch die in großem Maßstab geplante Nutzung von grünem Wasserstoff. Globalsteigt die Nachfrage nach PV-Systemen sogar exponentiell an. 2 Gegenwärtig wird diese strategischwichtige Schlüsselindustrie aufgrund einer konsequenten und entschlossenen Industriepolitik in dervergangenen Dekade von China dominiert – im Bereich der Solarzellen und -module zu mehrals 90% und im Bereich der PV-Wechselrichter-Technologie zu mehr als 60%.Parallel befindet sich die Solar-Branche im Zuge eines neuen Innovationszyklus vor einer Zeitenwende, die vergleichbar ist mit der Umstellung von 4G auf 5G im Mobilfunkbereich. Anders als imvielbeachteten Digitalbereich ist die modernste PV-Technologie, einschließlich des geistigen Eigentums,„Made in Europe“ – noch. Deutschland und Europa bietet sich im Kontext dieser Entwicklung diewomöglich letzte Chance einer Renaissance der PV-Produktion – samt Rolle als Taktgeber für diezentrale Schlüsseltechnologie der Erneuerbaren Energien in den kommenden Jahrzehnten.Der 5G-Standard der Photovoltaik heißt Heterojunction/SmartWire. Dieser kombiniert dieneueste Solarzellen-Generation mit einer weltweit einzigartigen Verbindungstechnik. Dadurcherhöht sich die Leistung der eingesetzten Module deutlich, bei einer gleichzeitigen Senkung derStromgestehungskosten ( /kWh). Heterojunction/SmartWire-Module sind marktreif und bereitfür eine großskalierte Produktion. Das begleitende Geschäftsmodell ist ebenso vorhanden wie dasfertigungstechnische Know-how. Darauf lässt sich eine global wettbewerbsfähige Fertigungaufbauen, die sich langfristig behaupten kann – auch im Verhältnis zur asiatischen Konkurrenz.Im Bereich der Wechselrichter3/Systemtechnik war die deutsche PV-Industrie von Anfang anmaßgeblicher Innovationstreiber der Energiewende. Sie hat erheblich zur Massentauglichkeitund den enormen Kostensenkungen der Photovoltaik beigetragen. Mit ihrer hohen Innovationskraft ermöglicht sie auch weiterhin die Netzintegration und effiziente Nutzung immer größererMengen Erneuerbarer Energien.2

Diese Entwicklung vollzieht sich im Windschatten der politischen Ziele derdeutschen Energiewende und des europäischen Green Deals: eine europäischePV-Produktion unterstützt und operationalisiert die Pläne dieser monumentalenund generationsübergreifenden Vorhaben und wandelt diese in heimische Wertschöpfung um.Zugleich untermauert eine europäische Zell-, Modul- und Wechselrichterproduktion dieangestrebte Souveränität in wesentlichen Technologiebereichen – insbesondere im hochrelevanten Energiesektor – und fördert eine größere Resilienz der Lieferketten für die Zeit nach Coronadurch eine stärkenorientierte Fokussierung Europas.Um dieses Momentum zu nutzen, bedarf es einer ganzheitlichen Industriestrategie und neuersektor- wie verbändeübergreifender Allianzen. Anders als bisher erfasst dieser Ansatz dieErzeugung von Elektrizität und die Produktion der dafür notwendigen Technologie gemeinsamundadressiert passgenau relevante Aufgaben der Zukunft (Stichwort Sektorkopplung, Elektromobilität und grüner Wasserstoff sowie den damit stark ansteigenden Bedarf an kostengünstiger,erneuerbarer Elektrizität). Ohne einen strategischen industriepolitischen Ansatz für eine europäischeSolarproduktion droht bereits kurzfristig die vollständige technologische Abhängigkeit vonasiatischen Lieferanten, eine erhebliche Reduktion der europäischen Wertschöpfungstiefe und derVerlust einer reichhaltigen europäischen Forschungs- und Entwicklungslandschaft sowie desaktuellen Beschäftigungsgrads im Bereich der Photovoltaik.Zusätzlich sind kurzfristig konkrete Unterstützungsmaßnahmen für den Solar-Bereich notwendig– allen voran in Form fairer Rahmenbedingungen sowie der Bereitstellung ausreichenderProjekt- und Fördermittel. Die Operationalisierung des Green Deals wie auch die aktuell in derUmsetzung befindlichen Recovery-Maßnahmen zur Überwindung der wirtschaftlichen Folgen vonCOVID-19 können hier wertvolle Standardsdefinieren. Darüber hinaus könnte ein deutsches 10-Millionen- bzw. ein europäisches100-Millionen-Dächer-Programm Maßstäbefür den Weg in die solare Zukunft setzen.Die deutsche und europäische erständnis sowie die Entwicklungs- und eit zu nutzen, weltweit zu vermarktenund im internationalen Wettbewerb eineführende Position zu behaupten.FOTO: Meyer Burger3

01LEISTUNGSSCHAU UND VISIONWo stehen wir?Die Photovoltaik erreicht bei der Energiegewinnung im Vergleich dereinzelnen Technologien schon heute in den meisten Regionen der Weltdie niedrigsten Kosten. Als Schlüsseltechnologie der Zukunft ist sieunentbehrlich für die Umsetzung der Klimaziele und eine europäischeEnergiesouveränität. Das Know-how für den neuen Innovationszyklusder Solarbranche liegt dabei in Europa.EINE SOLARE RENAISSANCE IST ZUM GREIFEN NAHEDie Solarenergie erlebt einen weltweiten Boom und ist auf dem Weg, die mit Abstand günstigste allerErzeugungsarten zu werden. Seit 2010 sind laut der Internationalen Organisation für Erneuerbare Energien (IRENA) die Stromgestehungskosten der PV um 82% gesunken. 4Strom aus deutschen Freiflächenanlagen kostet inzwischen nur rund 5 Cent pro kWh5 – damitschlägt die Technik sämtliche fossilen Kraftwerke.6 Besonders vorteilhaft gelegene Anlagen, wieetwa in der Golfregion, produzieren Strom inzwischen für unter 1,5 Cent pro kWh.7 In licheSubventionenoderstaatlicheAusschreibungen realisiert.Dieser Trend der Leistungssteigerung und gleichzeitigen Kostensenkung setzt sich fort: Aktuellbefindet sich die Solarbranche an der Schwelle zu einem neuen Innovationszyklus. Eine neueGeneration auf Basis von modernsten Heterojunction-Zellen in Verbindung mit effizienzsteigernder SmartWire-Verbindungstechnik steht in den Startlöchern und hebt den Wirkungsgrad wieauch die internationale Wettbewerbsfähigkeit auf ein neues Niveau. Ihre Tauglichkeit für die Massenproduktion ist bereits erfolgreich nachgewiesen.Während die Wertschöpfung bei Solarzellen und -modulen heute zu fast 95% in Asien stattfindet,davon zum überwiegenden Teil in China, liegt das geistige Eigentum für die Solartechnologie dernächsten Generation in Europa. Mit der Heterojunction/SmartWire-Technologie kann eine tabliertwerdenundsichlangfristigbehaupten. Aufgrund des zu erwartenden großen Bedarfs an Solarmodulen in den EU-Mitgliedsstaaten ist der Aufbau von Produktionen in weiteren europäischen Märkten sinnvoll.4

Das Fraunhofer-ISE-Institut und eine Studie des VDMA bestätigen, dass Solarzellen und -module inEuropa wettbewerbsfähig hergestellt werden können, auch weil neben anderen Faktoren die Transportkosten aus Asien wegfallen. Diese tragen ca. 10% zu den Gesamtkosten bei und werden sogarweiter steigen. Der Wiederaufbau der europäischen Wertschöpfungskette sollte daher in den Mittelpunkt der EU-Energiepolitik gestellt werden.8Auch im Bereich der PV-Systemtechnik ermöglichen Innovationen europäischer lrichter erbringen etwa bei gleichem Volumen und Gewicht bis zu 50% mehrLeistung als ihre Vorgängermodelle bei gleichzeitiger Funktionserweiterung wie etwa der Systemintegration von Batteriespeichern. Mit der zunehmenden Vernetzung und Digitalisierung der Energieversorgung kommen zusätzliche Anforderungen hinzu, vor allem mit Blick auf die Systemintegration und Versorgungssicherheit durch PV sowie die IT-Sicherheit. Hier besitzt die europäischePV-Industrie aufgrund der freiheitlichen Marktordnung und Unabhängigkeit einen Vorteil gegenüberdem chinesischen Wettbewerb und kann höhere Standards bei der Datensicherheit gewährleisten.Ein vorteilha ftes Ma rktumfeld bestätigt solche Aussa gen und den wa chsenden Beda rf a nmodernsten Modulen für Neu- und Bestandsanlagen: Immenses Marktpotenzial. Das globale und europäische Marktpotenzial (Neubau und Bestand)ist immens. Weltweit waren Ende 2019 mehr als 580 Gigawatt (GW)9 Solarkapazität installiert,davon 132 GW in Europa10 sowie fast 50 GW in Deutschland11. Die Nutzung von Solarstrom nimmtstetig zu. Allein in Deutschland rechnen Experten bis 2030 mit einer Verdoppelung des Elektroenergiebedarfs aus erneuerbaren Quellen gegenüber der heutigen Elektroenergieerzeugung.12Weltweit kann die Solarenergie 2050 rund 25% der wachsenden globalen Nachfrage nachElektrizität decken und damit zur zweitgrößten Elektroenergiequelle werden.13 Rekordhoch an finanzierten Solarkapazitäten. Die innerhalb eines Jahres finanziertenKapazitäten für Erneuerbare Energien haben 2019 mit 184 GW (ohne große Wasserkraftwerke) ein Rekordhoch erreicht. Davon entfallen 118 GW auf Solarenergie – der bisher höchstejährliche Anstieg innerhalb eines Jahres.14 PV-Wachstumsraten befeuert durch europäische CO2-Einsparziele. Die EU Kommissionplant die europäischen CO2-Einsparziele bis 2030 von 40% auf 55% anzuheben (das europäische Parlament fordert sogar 60%). Um diesen gewaltigen Sprung zu schaffen, muss laut einerStudie des Photovoltaik-Forschungsinstituts IPVF die installierte PV-Leistung in der EU und imVereinigten Königreich auf 455-605 GW erhöht werden. Dies bedeutet eine jährliche Wachstumsrate zwischen 12% und 15%, um den europäischen PV-Markt von etwa 16,5 GW im Jahr2019 auf 50-80 GW bis 2030 zu vergrößern.155

Deutschland liegt bei Investitionen in Erneuerbare Energien im letzten Jahrzehnt weltweitauf Platz 4. Zwischen 2010 und 2019 lag Deutschland mit Gesamtinvestitionen von 156 Milliarden Euro nur hinter China, den USA und Japan. 2019 wurden in Deutschland 2,9 MilliardenEuro in die Installation von Photovoltaikanlagen investiert (ein Plus von 430 Millionen Euro imVergleich zu 2018) sowie 850 Millionen Euro in die Windkraft.16 Sektorenkopplung als weiterer Treiber für den Ausbau von Solarkapazitäten. Für dieUmsetzung der PV-Ziele im deutschen Klimaschutzprogramm 2030, das eine Verdoppelungder installierten Gesamtkapazität auf etwa 100 GW bis zum Ende dieses Jahrzehnts vorsieht,ist allein in der Bundesrepublik ein jährlicher Zubau von mindestens 5 GW Kapazität notwendig. Dabei rücken im Zuge der angestrebten Sektorenkopplung neben der Energieerzeugung auch die Bereiche Verkehr (vor allem E-Mobilität), (Industrie-)Wärme sowieBauen/Wohnen in den Anwendungsfokus für Solarenergie. Daher ist davon auszugehen,dass der Bruttostromverbrauch im Jahr 2030 weit oberhalb des heutigen Bedarfs liegen wird.Der im EEG 2021 vorgesehene Mechanismus zur Anpassung der Ausbaukorridore muss zurErreichung der gesetzten Ziele im Jahr 2030 vermutlich auf 10GW/a nachjustiert werden.Weitere wirtschaftliche und politische Zielsetzungen sowie gesellschaftliche Entwicklungensprechen für eine PV-Produktion in Deutschland und Europa:JOBMOTORDie Wiederbelebung einer europäischen PV-Industrie würde bei einer Jahresproduktion von 20 GW(von Wafer bis zum Modul) etwa 14.000 dauerhafte direkte Arbeitsplätze schaffen. Hinzu kommenArbeitsplätze, die durch Installation, Betrieb und Wartung der kommerziellen und industriellen Solarsysteme geschaffen werden. Insgesamt verspricht eine Wiederbelebung der europäischen Solarindustrie die Schaffung von mehr als 100.000 nachhaltigen Arbeitsplätzen entlang der Wertschöpfungskette.17Damit kann ein Beschäftigungsabbau im Zuge des Kohleausstiegs und beiweiteren kohlenstoffintensiven Prozessen in Teilen kompensiert werden.6

DEUTSCHE ENERGIEWENDE UND EUROPÄISCHER GREEN DEALDeutschland plant aktuell bis 2050 eine CO2-Reduktion von 80 bis 95% gegenüber 1990 sowie bis2030 einen Anteil der Erneuerbaren Energien an der Bruttostromerzeugung von 65%. Der GreenDeal sieht als zentrales Vorhaben der EU Kommission unter Ursula von der Leyen sogar die Klimaneutralität bis 2050 vor und eine europaweite Dekarbonisierung des Energiesektors mit einemErneuerbaren-Anteil von 38-40% bis 2030. Beide Ziele lassen sich nur durch einen erheblichbeschleunigten Zubau an regenerativen Kapazitäten einschließlich Solar erreichen.KONTINENTALE KREISLAUFWIRTSCHAFTDas EU-Vorhaben richtet die gesamte Wertschöpfungskette eines Produkts und seinen Lebenszyklus– von der Entwicklung über die Herstellung bis zur Wiederverwertung – entlang der ökologischenNachhaltigkeit aus. In diesem Kontext ist eine europäische PV-Produktion plausibel und würde denCO2-Fußabdruck gegenüber der bisher hauptsächlich in Asien produzierten Solartechnikallein über standortpolitische Maßnahmen erheblich verbessern. Darüber hinaus arbeitet dieeuropäische Solarindustrie mit Hochdruck daran, eigene Standards zur Kreislauffähigkeit ihrerProdukte zu entwickeln.EUROPÄISCHE INDUSTRIESTRATEGIEUND TECHNOLOGISCHE SOUVERÄNITÄTGreentech ist neben der Digitalisierung die Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts. Anders als imBereich der KI oder dem Autonomen Fahren liegen die Patente und die Technologieführerschaftim Feld der Photovoltaik noch in Europa. Die geplante europäische Fertigung von Solarzellen und-modulen sowie die Stärkung der europäischen Fertigung im Bereich der PV-Systemtechnologieermöglicht die Absicherung langfristiger nationaler und europäischer Industrie- und Infrastrukturinteressen im Kontext globaler Herausforderungen wie der Klima- und COVID-19-Krise.Mit Blick auf die Energiesicherheit ermöglicht die Nutzung von Erneuerbaren Energien nicht nureine kostengünstige und klimafreundliche Versorgung, sondern versetzen Europa auch in die Lageeines souveränen Umgangs mit Rohstoffimporten aus politisch instabilen Regionen. Zudem erlaubt eine eigene Fertigung eine selbstbewusste Anpassung des Verhältnisses zu China und die Vermeidung neuer Abhängigkeiten im Energiesektor. Die Volksrepublik verfolgt strategische Interessenim Bereich der Erneuerbaren Energien besonders offensiv und hat die Akquisition und Abwanderungeuropäischer Spitzentechnologie im Kontext des strategischen Aufbaus einer monopolistischen So-7

larindustrie in der Vergangenheit aktiv gefördert. Eine heimische Solar-Wertschöpfung lässtEuropa von den Früchten seiner geistigen Arbeit, die seit Jahren durch eine exzellente Forschungsförderung in Europa und Deutschland gewachsen sind, profitieren. Sie macht diesen unverzichtbaren Sektor im Sinne der angestrebten „technologischen Autonomie“ der EU sowie eines„Reshorings“ resilient für künftige Krisen.AKZEPTANZ UND öchstedieVerbraucherakzeptanzgenießt. Damit kann sie insbesondere im Bereich der Dachanlagen Lücken schließen, die durch rissenwurden.GleichzeitigistSolarenergie flexibel und skalierbar, wodurch bereits belegte Flächen mehrfach genutztwerden können, zum Beispiel bei Aufdachanlagen, neben Verkehrsinfrastrukturen wie Autobahnen und Bahnstrecken, in der „Agrar-Photovoltaik“ oder auch durch Floating PV. Dennoch wirdauch für die Photovoltaik mittel- bis langfristig die Verfügbarkeit von Flächen im dichtbesiedelten Europa ein kritischer Faktor sein. Daher ist es wichtig, schon jetzt auf die möglichsteffiziente Nutzung von Flächen zu dringen. Je höher der Wirkungsgrad der rEnergiekannausderknappenFläche gewonnen werden – den Maßstab dafür setzen kann die neue hocheffizienteHeterojunction/SmartWire-Technologie „Made in Europe“.FOTO: Next2Sun (Agrar-Photovoltaik)8

IN SUMME IST EINE PV-PRODUKTION INDEUTSCHLAND UND EUROPA ENTLANGDER GESAMTEN WERTSCHÖPFUNGSKETTE WIRTSCHAFTLICH UND POLITISCHOPPORTUN.EINE PV-PRODUKTION „MADE IN EUROPE"KANN DER DURCHBRUCH FÜR DIEUMSETZUNG POLITISCHER ZIELE ZURENERGIEWENDE SOWIE FÜR EINE SELBSTBEWUSSTERE INDUSTRIESTRATEGIE SEIN.9

EXKURS TECHNOLOGIEHETEROJUNCTION/SMARTWIRE CONNECTION (SWCT TM)PHOTOVOLTAIK-TECHNOLOGIEDie Heterojunction/SmartWire (HJT/SWCT TM) Zell-/Modultechnologie verbindet zweiHochleistungstechnologien. Die Module, die HJT Zelltechnologie und SmartWire Connection Technologie kombinieren, erreichen eine besonders hohe Effizienz und sind mit ihremLeistungsgrad den meisten anderen erhältlichen Technologien überlegen. Energieerträgeauf gleicher Fläche sind bis zu 20% höher als mit herkömmlichen PV-Technologien.Die fortgeschrittene Heterojunction Zelltechnologie (HJT) verbindet den höherenModulwirkungsgrad von monokristallinen Solarzellen mit Vorteilen der DünnschichtTechnologien. Für die Herstellung der elektrischen Strukturen werden auf einem Siliziumwaferbeidseitig dünne Schichten amorphen Siliziums sowie transparente, leitfähige Oxidschichten (TCO) aufgetragen. Durch den beidseitigen Auftrag erhält eine HJT-Zelle Leistungsoptimierungsmerkmale und kann z.B. auf beiden Seiten Licht aufnehmen (Bifazialität). Der Siliziumwafer im Inneren der Zelle produziert Strom, die Beschichtung verringertÜbertragungsverluste elektrischer Energie. Der Wirkungsgrad der Zelle ist dadurch besonders hoch und liegt bei über 24%. Heterojunction-Zellen haben einen deutlich niedrigerenTemperaturkoeffizienten als konventionelle Siliziumsolarzellen, was zu deutlich verbesserten Energieerträgen bei höheren Betriebstemperaturen führt. Die HJT-Technologie ist inder Lage, mit deutlich dünneren Siliziumwafern zu arbeiten, was Kosten und vor allem auchCO2-Fußabdruck der Photovoltaik verringert.Die SmartWire Connection Technologie verbindet Solarzellen mit einer FolienDraht-Elektrode. Die Zellenverbindung auf beiden Seiten der Zelle erfolgt mittels vielersehr dünner, runder Kupferdrähte, die pro Zelle bis zu 2.000 Kontaktpunkte schaffen unddie bisher üblichen Leiter (Busbars), als zentralen Verteiler elektrischer Energie ersetzen.Die runden Kupferdrähte sorgen zudem dafür, dass die Menge des auf der Zelle reflektierten Sonnenlichts steigt, die Stromerzeugung früher am Tag einsetzt und somit länger undohne Unterbrechungen Strom erzeugt wird. Dadurch liegt der Energieertrag (kWh/kWp)über dem von Modulen mit Busbar-Verbindungen. Die SWCT-Technologie geht schonendmit Materialien wie Silber um, was die Herstellungskosten sinken lässt. Weiterhin ist dieSWCT-Technologie komplett bleifrei, was aus Sicht der Elektronikschrottverordnung (RoHS)für Europa wesentlich ist und durch alternative Technologien nicht in dem Maße geleistetwerden kann.10

02CALL TO ACTIONHandlungsempfehlungen für die Politik:Chancen erkennen, Rahmenbedingungenverbessern und strategischen Kurs setzenTrotz wegweisender Forschung und Entwicklung sowie einer beachtlichen Produktionsvergangenheitin Deutschland und Europa sind wir bei PV-Zellen und -modulen zu etwa 95% und bei PV-Wechselrichtern zu über 60% auf Importe aus Fernost und vor allem aus China angewiesen.Obwohl die Nachfrage nach Solaranlagen in ganz Europa rapide steigt, drohtein weiterer, finaler Ausverkauf hier entwickelter Spitzentechnologie. Doch mitpolitischem Weitblick kann es anders kommen.Die Grundlagen für eine erfolgreiche Zukunft solarer Wertschöpfung in Deutschland und Europa sindgelegt und treffen auf ein vorteilhaftes Marktumfeld. Damit sich aus dieser Chancen-Kulisse realeErfolge ableiten lassen, bedarf es einer Reihe unterstützender Maßnahmen:I. ÖKOSYSTEM DER ERNEUERBAREN ENERGIEN GANZHEITLICH DENKEN:ALLIANZEN, FINANZIERUNG UND FÖRDERUNG FÜR PV-ERZEUGUNGUND PRODUKTIONDer Schwerpunkt nationaler und europäischer Solar-Initiativen und Programme liegt stets aufder Erzeugung photovoltaischer Energie. Dieser Ansatz lässt die eigentliche Grundlage, dieProduktion von Solartechnologie als Anfang und Ursprung der solaren Wertschöpfungskette außerAcht – samt den damit verbundenen wirtschaftlichen und strategischen Möglichkeiten, aber auchdrohenden Abhängigkeiten. Hier bedarf es künftig einer holistischen Perspektive und Planung.Die derzeit noch aktiven europäischen Produktionskapazitäten betragen für Wafer und Module weniger als 2 GW. Solarzellen, der eigentliche „Motor“ eines Solarmoduls, werden in Europa überhauptnicht mehr hergestellt. Für einen großskalierten Ausbau der Produktion braucht es im ersten Schrittvor allem ausreichende Finanzmittel in Form speziell geschaffener Kreditlinien. Die Förderzielenationaler und europäischer Projekt- und Förderbanken sollten angepasst werden und dieProduktion von Solartechnologie ausdrücklich aufnehmen. Bisher ist PV hier in derRegel nur im Bereich der Elektrizitätserzeugung förderwürdig, die Produktion von PV-Technologiewird dagegen nicht vorgesehen oder als Risikobereich eingestuft. Damit werden Schlüsselbereiche künftiger industrieller Wertschöpfung insbesondere China überlassen und Abhängigkeiten geschaffen.11

Zu begrüßen wäre außerdem eine Allianz aus führenden Unternehmen und Verbänden allerbeteiligten Wertschöpfungsbereiche, die gemeinsam einen „Masterplan Solarenergie“ aufsetzt unddie bisherige Spaltung in die Bereiche Produktion und Erzeugung hinter sich lässt.II. GREEN RECOVERY ZUR ÜBERWINDUNG DER WIRTSCHAFTLICHENCORONA-FOLGENNationale und europäische Konjunktur-Programme sind der zentrale Hebel zur Bewältigung derimmensen wirtschaftlichen Folgen der COVID-19-Pandemie. Das europäische Recovery Instrument„Next Generation EU“ mit seinem beeindruckenden Volumen von 750 Milliarden Euro sieht vor, bestehende Finanzierungsmittel aufzustocken sowie zusätzliche zu schaffen (u.a. für den Just TransitionFund, um den Mitgliedstaaten dabei zu helfen, den Übergang zur Klimaneutralität zu beschleunigen).Der Green Deal soll als Strategie des Recovery Programms fungieren. Investitionen in u.a. Erneuerbare Energie Projekte, saubere Technologien und Wertschöpfungsketten sowie eine massiveRenovierungswelle von Gebäuden und Infrastruktur sollen im Vordergrund stehen. Um die Resilienzder Wirtschaft zu stärken, soll Europa darüber hinaus seine strategische Autonomie in einer Reihespezifischer Bereiche, unter anderem in strategischen Wertschöpfungsketten, aufbauen. Hier solltedie Solarproduktion explizit aufgenommen und gefördert werden.Sowohl mit Blick auf die Versorgungssicherheit wie auch den prognostizierten massiven Anstieg desPV-Ausbaus und im Interesse resilienterer Produktionsketten sollte die Fertigung regional in der EUstattfinden und mit Mitteln aus den Recovery-Fonds flankiert werden.III. EEG-REFORM NUTZEN UND PV-AUSBAU VERVIELFACHENWenn die klimapolitischen Ziele des Pariser Klimaabkommens erreicht werden sollen, ist derjährliche Ausbau-Zielkorridor der EEG-Novelle von effektiv knapp 5 GW eindeutig zu niedrig.Notwendig ist ein jährlicher Zubau von deutlich über 10 GW. Dafür spricht auch ein voraussichtlich steigender Strombedarf aufgrund des wachsenden Bereichs der Elektromobilität, derDigitalisierung und Wasserstoffanwendungen in den kommenden Dekaden.18Durch die massiv gesunkenen Kosten der PV-Stromerzeugung sind die volkswirtschaftlichen Kosteneines deutlich höheren Zubaus nicht nur verkraftbar, sondern zahlen sich am Ende sogar noch positivaus.Die so genannte Netzparität, also gleiche Stromgestehungskosten von erneuerbaren und fossilenEnergien, ist heute schon erreicht. Solarenergie rechnet sich in diesem Kontext nicht nur fürEigenverbrauchs-Anwendungen, sondern kommt bei solaren Großkraftwerken zunehmend auch vollkommen ohne öffentliche Förderung aus.12

IV. EIGENVERBRAUCH UND PROSUMER STÄRKENDer Eigenverbrauch von PV-Strom ist ein wesentlicher Baustein einer dezentralen Energiewende. Sowohl für private Verbraucher als auch für Gewerbe und Industrie sind Stromkosten einempfindlicher Kostenblock geworden, der durch den Einsatz von PV-Anlagen (mit oder ohneSpeicher) deutlich reduziert werden kann. Gleichzeitig entlastet die dezentrale Stromerzeugung dieÜbertragungsnetze, deren Ausbau stockt.Eigenverbrauch sollte daher gefördert und nicht behindert werden. Ein erster Schritt auf dem Wegzu einer vorteilhaften Prosumer-Gesellschaft sind eine großzügige Anhebung der Bagatellgrenzen zur Befreiung von der EEG-Umlage19 sowie Erleichterungen im gewerblichen undindustriellen Bereich. PV-Eigenverbrauch kann insbesondere ein Wettbewerbsfaktor für denMittelstand werden, der nicht von Ausnahmeregelungen für industrielle Großverbraucherprofitiert. Um hier Stromkosten effektiv zu senken und die Klimabilanz zu verbessern, bedarf es desAbbaus anstelle eines Anstiegs regulatorischer und bürokratischer Hürden.In diesem Kontext ist die Pflicht zur Teilnahme an Ausschreibungen ab einer Anlagengröße von 500kW zu revidieren, da sie insbesondere mittelständische Unternehmen und ihre künftig immerwichtigeren Dachflächen betrifft. 20 Der Mittelstand muss frei entscheiden können, wie und woher erseine Energie bezieht. Gerade mit Blick auf das Potenzial und die verstärkte Nutzung des bisher zuwenig genutzten Dachsegments sollte es im Gegenteil einen Zusatzbonus für die optimale Ausnutzung im Sinne höchster Energieerträge auf existierenden Dachflächen geben. Hier schlummertein riesiges Potential für PV-Anlagen von über 160GW. 21Um Verbraucher ohne Möglichkeiten der Eigenerzeugung nicht zu belasten, unterstützen wir einenetzdienliche Steuerung von PV-Anlagen sowie eine grundlegende Reform von Steuern, Abgabenund Umlagen auf Elektrizität in naher Zukunft.V. GESELLSCHAFTLICHE AKZEPTANZ DURCH FÖRDERUNG EINESFLÄCHENSCHONENDEN PV-AUSBAUS BEWAHRENDie für den PV-Ausbau benötigten Flächen werden zunehmend umkämpft sein. Bislang machen sich nurwenige Gedanken über den Flächenverbrauch von Photovoltaik, da es wenig Konflikte gibt undFlächen entweder kostenlos (Dach) oder relativ günstig (Freifläche) verfügbar sind. Dies wird sich rrenzdurchandereFlächennutzung ändern. Um nicht in ähnliche Konflikte wie bei der Windenergie an Land hineinzulaufen,sollte die Politik schon heute steuernd in die Flächennutzung eingreifen. Denn diegesellschaftliche Akzeptanz der Energiewende, auch in der Zukunft, ist essenziell für deren Erfolg.13

Die Nutzung der effizientesten Technologie ist daher essenziell, um möglichst viel Energie ausminimaler Fläche zu gewinnen, sowohl für Dachanlagen wie Freiflächenanlagen. Der Markt lenkt hieraktuell in die falsche Richtung, weil allein der Preis für die billigste Ware spricht.Um diese Entwicklung in ertragsmaximierende, nachhaltige Richtung zu steuern, ist ein sogenannter Top-Runner-Ansatz ein geeignetes Instrument. Grundlage ist ein vorgegebenerErtrags-Standard, sowie Mindestanforderungen an Qualität, Lebensdauer und Nachhaltigkeit(Ecolabel), die bei Ausschreibungssegmenten oder bestimmten Auftragskategorien zuerreichen sind (ein Level Playing Field für Umweltstandards). Besonders Anlagen der öffentlichenHand oder kommunale Liegenschaften profitieren von einer schnelleren Amortisation und höheremInnovationsgrad.Der produktgruppenspezifische Standard wird unter Berücksichtigung des erwarteten technischen Fortschritts festgelegt und kontinuierlich weiterentwickelt. Dabei sollte zwischen denSegmenten Dach und Freifläche unterschieden werden. Hocheffizienzmodule könnten hier imRahmen von Mindestkriterien für die Teilnahme an Ausschreibungen, entsprechende Innovationsausschreibungen oder Förderboni für ertragreichere Anlagen bevorzugt werden.Im Freiflächensegment ist die Verwendung von bifazialen Modulen neben hoher Moduleffizienzessenziell für den optimalen Flächenertrag. Diese Module können sowohl die direkte Einstrahlungauf der Vorderseite als auch das indirekte Licht auf der Rückseite zur Stromerzeugung nutzen. MeyerBurger schlägt für diesen Ansatz einen bifazialen Mindest-Modulwirkungsgrad von 25% vor.Alternativ wäre eine „Flächenschonungsprämie“ auf den gewährten Einspeisetarif denkbar, sofernPV-Module mit diesen Mindestparametern eingesetzt werden.VI. NEUE SOLARKONZEPTE ETABLIERENMit dem notwendigen massiven Ausbau der Solarenergie müssen langfristige Flächennutzungskonzepte in Betracht gezogen werden. Fläche in Europa ist knapp und ebenso darf der Ausbau derPhotovoltaik nicht zu Lasten eines zu hohen Flächenverbrauchs erfolgen. Daher gewinnen neueKonzepte wie die Agrar-Photovoltaik, bei der landwirtschaftliche Nutzflächen zugleich als Solarstandorte genutzt werden, oder die schwimmende Floating-PV auf Seen an Bedeutung. Dafür brauchtes insbesondere eine Incentivierung von Landwirten, um diese für die damit verbundenenChancen auf mehr Nachhaltigkeit und ein weiteres finanzielles Standbein zu sensibilisieren.Generell sollte – wo immer möglich – eine solare Erweiterung auf (staatseigenen) Infrastrukturen wieAutobahnen und Eisenbahnstrecken, Baggerseen oder alpinen Infrastrukturen wie Staudämmen geprüft werden. Um diese Entwicklung zusätzlich zu unterstützen, sollten eigene Ausschreibungssegmente oder ein Zuschlagsbonus in den bestehenden Innovationsauschreibungen fürAgrar-Photovoltaik und schwimmende Photovoltaik eingeführt werden.14

VII. NATIONALES 10-MILLIONEN-/ EUROPÄISCHES 100-MILLIONENDÄCHER-PROGRAMM INITIIERENUm die PV-Nachfrage für den Aufbau einer sicheren, kostengünstigen und klimafreundlichenEnergieversorgung sowie im Interesse der Konjunktur und Technologieführerschaftzusätzlich anzukurbeln und Deutschland als solaren Leitmarkt zu positionieren, sollte dieBundesregierung ein nationales 10 Millionen-Dächer-Programm aufsetzen. Das Projekt hätte eineeuropäische wie internat

EINE SOLARE RENAISSANCE IST ZUM GREIFEN NAHE Die Solarenergie erlebt einen weltweiten Boom und ist auf dem Weg, die mit Abstand günstigste aller Erzeugungsarten zu werden. Seit 2010 sind laut der Internationalen Organisation für Erneuer- bare Energien (IRENA) die Stromgestehungskosten der PV um 82% gesunken.4