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Mai 2017Arbeitspapier 40Betriebliches Gesundheitsmanagement in Schweizer BetriebenMonitoring-Ergebnisse 2016

Gesundheitsförderung Schweiz ist eine Stiftung, die von Kantonen und Versicherern getragen wird.Mit gesetzlichem Auftrag initiiert, koordiniert und evaluiert sie Massnahmen zur Förderung derGesundheit (Krankenversicherungsgesetz, Art. 19). Die Stiftung unterliegt der Kontrolle des Bundes.Oberstes Ent scheidungsorgan ist der Stiftungsrat. Die Geschäftsstelle besteht aus Büros in Bernund Lausanne. Jede Person in der Schweiz leistet einen jährlichen Beitrag von CHF 3.60 zugunstenvon Gesundheits förderung Schweiz, der von den Krankenversicherern eingezogen wird.Weitere Informationen: www.gesundheitsfoerderung.chIn der Reihe «Gesundheitsförderung Schweiz Arbeitspapier» erscheinen von GesundheitsförderungSchweiz erstellte oder in Auftrag gegebene Grundlagen, welche Fachleuten in der Umsetzung inGesundheitsförderung und Prävention dienen. Der Inhalt der Arbeitspapiere unterliegt der redaktionellen Ver antwortung der Autorinnen und Autoren. Gesundheitsförderung Schweiz Arbeitspapiereliegen in der Regel in elektronischer Form (PDF) vor.ImpressumHerausgeberinGesundheitsförderung SchweizAutorinnen und AutorenDr. Désirée Füllemann, Dr. Alice Inauen, Dr. Gregor Jenny, lic. phil. Patrick Moser,Prof. Dr. med. Dr. PH Georg BauerAbteilung Public and Organizational Health, Institut für Epidemiologie, Biostatistik und Prävention, Universität ZürichDurchführung der ErhebungLINK Institut für Markt- und Sozialforschung, Spannortstrasse 7/9, 6000 LuzernAylin Wagner, Marco Reich, Heike NeumannProjektleitung Gesundheitsförderung SchweizDr. Kathrin Krause, Projektleiterin Wirkungsmanagement,Lisa Guggenbühl, Leiterin WirkungsmanagementReihe und NummerGesundheitsförderung Schweiz Arbeitspapier 40ZitierweiseFüllemann, D.; Inauen, A.; Jenny, G.; Moser, P.; Bauer, G. (2017): Betriebliches Gesundheitsmanagementin Schweizer Betrieben, Monitoring-Ergebnisse 2016. Gesundheitsförderung Schweiz Arbeitspapier 40,Bern und LausanneFotonachweis onenGesundheitsförderung Schweiz, Wankdorfallee 5, CH-3014 Bern, Tel. 41 31 350 04 04,[email protected], tellnummer03.0181.DE 05.2017Diese Publikation ist auch in französischer und in italienischer Sprache erhältlich (Bestellnummern 03.0181.FR 05.2017 und 03.0181.IT 05.2017).Download PDFwww.gesundheitsfoerderung.ch/publikationen Gesundheitsförderung Schweiz, Mai 2017

Betriebliches Gesundheitsmanagement in Schweizer Betrieben, Monitoring-Ergebnisse 2016 3EditorialGesundheit in Betrieben fördern – unser langfristiges EngagementGesundheitsförderung Schweiz setzt sich im Rahmen ihrer langfristigen Strategie für die Verbes se rung der psychischen Gesundheit von Erwerbstätigen in der Schweiz ein. Die Betriebe spielen dabeieine zentrale Rolle. Wenn Betriebe in betrieblichesGesundheitsmanagement (BGM) investieren, kommtdies sowohl der Gesundheit der Mitarbeitendenwie auch dem Unternehmenserfolg zugute. Deshalbsensibilisiert, motiviert und unterstützt Gesundheitsförderung Schweiz Betriebe und Partner dabei,ein BGM aufzubauen und umzusetzen (vgl. dazuauch: Psychische Gesundheit im Setting Betrieb: DasWirkmodell von Gesundheitsförderung Schweiz).Gemeinsam ein systematisches BGM entwickelnGesundheitsförderung Schweiz setzt vor allem aufeine nachhaltige Verankerung von Massnahmen zurFörderung der Gesundheit in Betrieben. In engerZusammenarbeit mit Betrieben und der Wissenschaft entwickelt Gesundheitsförderung SchweizInstrumente zur Verbreitung eines systematischenBGMs. Dazu gehört das S-Tool, das Betrieben einendetaillierten Überblick über das Stressgeschehenin ihrer Organisation gibt und damit die Ableitungvon passgenauen Massnahmen ermöglicht. Zudemvergibt Gesundheitsförderung Schweiz das LabelFriendly Work Space, das Betriebe für gesundeArbeitsbedingungen und ein erfolgreiches BGM auszeichnet. Die sechs Qualitätskriterien des Labels Friendly Work Space weisen Betrieben den Wegzu einem systematischen BGM und unterstützen siebei der Umsetzung. Gesundheitsförderung Schweizpasst ihre Instrumente optimal den Bedürfnissender Betriebe an.Erhebung zur Verbreitung von betrieblichem Gesundheitsmanagement in Schweizer BetriebenDas vorliegende Arbeitspapier beschreibt die Entwicklung, Erhebung und Auswertung einer repräsentativen Befragung zum Engagement der Schweizer Betriebe für die Gesundheit ihrer Mitarbeitenden.Die Ergebnisse der im Jahr 2016 durchgeführtenschweizweiten Befragung geben ein aktuelles undrepräsentatives Bild dazu, wie umfänglich BGM inSchweizer Betrieben bereits umgesetzt ist, welcheUnterschiede es zwischen Wirtschafts- und Sprachregionen gibt und wo noch Handlungsbedarf besteht.Prof. Dr. Thomas MattigDirektor Gesundheitsförderung Schweiz

4Betriebliches Gesundheitsmanagement in Schweizer Betrieben, Monitoring-Ergebnisse 2016InhaltsverzeichnisAbkürzungsverzeichnis 5Statistisches Glossar 6Management Summary 71Gegenstand und Zielsetzung 2Ansatz und Methode 2.1 Zielgruppe und Struktur des Monitorings 2.2 Fragebogenentwicklung 2.3 Erhebungsprozess und Grundgesamtheit 101010133Beschreibung der Stichprobe 3.1 Stichprobengrösse und -beschaffenheit 3.2 Funktion der auskunftgebenden Person in den Betrieben 3.3 Methodische Anmerkungen 14141617Ergebnisse 4.1 Aktuelle BGM-Investitionen in Schweizer Betrieben: der BGM-Umsetzungsgrad 4.1.1 BGM-Umsetzungsgrad: Ergebnisse Gesamtskala 4.1.2 Ergebnisse der vier Komponenten des BGM-Umsetzungsgrads 4.1.3 Ergänzungen von Themenbereichen zu BGM-Massnahmen 4.1.4 Ergebnisse zu zukünftigen Investitionen in BGM-Massnahmen 4.1.5 Gesamtbeurteilung des BGM-Stadiums 4.1.6 Investierte Stellenprozente für BGM 4.2 Aktuelles BGM-Potenzial in Schweizer B etrieben 4.2.1 Voraussetzungen für BGM 4.2.2 Treiber (Gründe) für BGM 4.3 Zusammenhang zwischen BGM-Umsetzungsgrad und BGM-Potenzial 4.4 Arbeitsbedingungen und deren Zusammenhänge mit dem BGM-Umsetzungsgrad 4.5 Nutzung externer BGM-Dienstleistungen und Werkzeuge 9418192122252527303132333435385Summarischer Vergleich mit anderen Erhebungen in der Schweiz, Deutschland und Frankreich 406Zusammenfassung und Ausblick 42Literaturverzeichnis 45Anhang A: Grundlagen für das BGM-Monitoring und die Frage bogenentwicklung 46Anhang B: Fragebogen 48Anhang C: Faktorenanalyse der BGM-Investitionen und BGM-Potenzial 51Anhang D:  Deskriptive Statistiken, E rgebnisse von t-Tests, Varianz analysen undRegressionsanalysen 53Anhang E: Detaillierte Zahlen der Vergleichsstudien 57

Betriebliches Gesundheitsmanagement in Schweizer Betrieben, Monitoring-Ergebnisse 2016 NDKUMAMABMUOEPEW-CHAbsenzmanagementBetriebliche GesundheitsförderungBetriebliches GesundheitsmanagementCase dheitsförderung SchweizGrosse Unternehmen mit 250 und mehr MitarbeitendenItalienischsprachige Schweiz (Tessin)IndustriesektorKleine Unternehmen mit 50 bis 99 Mittlere Unternehmen mit 100 bis 249 icklungWestschweiz

6Betriebliches Gesundheitsmanagement in Schweizer Betrieben, Monitoring-Ergebnisse 2016Statistisches GlossarGewichtung Die Betriebsstichprobe wurde für die Auswertungen nach Wirtschaftssektor (Industrie und Dienstleistung) und Sprachregion (deutsch-, französisch-, italienischsprachige Schweiz) gewichtet. Dies bedeutet, dass die Verteilung der Betriebe inder Stichprobe die Verteilung der Schweizer Betriebe widerspiegelt. Die Betriebsstichprobe ist somit repräsentativ für die Wirtschaftssektoren Industrie und Dienstleistung sowie die drei Sprachregionen der deutsch-, französisch- und italienischsprachigen Schweiz.Gewichtungsfaktor Der Gewichtungsfaktor gibt die Art und Stärke der Gewichtung an. Ein Gewichtungsfaktor von 1 bedeutet, dass eine Antwort als eine Antwort zählt. Ein Gewichtungs faktor von kleiner 1 bedeutet, dass die Antwort etwas weniger gewichtet wird. Ein Gewichtungsfaktor von grösser 1 bedeutet, dass eine Antwort etwas mehr Gewichterhält.Kausalität Kausalität impliziert zwischen zwei Variablen eine Wirkrichtung mit ursächlichemZusammenhang. Als Beispiel: Hohe Werte in Variable A haben hohe Werte in VariableB zur Folge. Auf Kausalität kann grundsätzlich nur mit experimentellen Forschungsmethoden geschlossen werden. Da es sich bei dieser Studie um Ergebnisse querschnittlicher Befragungsdaten handelt, lassen sich keine Schlüsse auf kausale Wirk richtungen ziehen.Korrelation Die Ergebnisse des Berichts lassen nur auf Korrelationen zwischen zwei Variablenschliessen. Korrelationen sind Zusammenhänge zwischen zwei Variablen. Diesekönnen positiver oder negativer Art sein. Eine positive Korrelation bedeutet, dasshohe Werte in Variable A mit hohen Werten in Variable B einhergehen und umgekehrt.Eine negative Korrelation bedeutet, dass hohe Werte in Variable A mit tiefen Wertenin Variable B einhergehen.

Betriebliches Gesundheitsmanagement in Schweizer Betrieben, Monitoring-Ergebnisse 2016 7Management SummaryDas BGM-Monitoring stellt eine periodische Erhebung ausgewählter Indikatoren zum Umsetzungsgrad von betrieblichem Gesundheitsmanagement(BGM) in Schweizer Betrieben dar. Das vorliegendeArbeitspapier berichtet über die erste Erhebungim Jahr 2016 und präsentiert erstmalig reprä sentative Zahlen zum Umsetzungsgrad von BGMin Schweizer Betrieben. Die Stichprobe umfasst833 Betriebe, die repräsentativ sind für Betriebe mitüber 100 Mitarbeitenden im sekundären und tertiären Sektor (Industrie und Dienstleistung) sowie inden drei Sprachregionen deutsch-, französisch- unditalienischsprachige Schweiz.Der BGM-Umsetzungsgrad setzt sich aus den folgenden vier Komponenten zusammen: Umsetzungs grad von 1) Absenz- und Case Management, 2) BGMStrategie, 3) betrieblicher Gesundheitsförderungund Mitarbeitendenbefragung sowie 4) Arbeitsgestaltung, Personal- und Organisationsentwicklung.Insgesamt setzen 23 % der Schweizer BetriebeBGM vollumfänglich um, weitere 48 % mehrheitlich. Demgegenüber setzt knapp ein Drittel (29 %)der Schweizer Betriebe BGM ansatzweise oder garnicht um. In Grossbetrieben und DeutschschweizerBetrieben ist BGM deutlich stärker umgesetzt. Dievier Komponenten des BGM-Umsetzungsgradssind unterschiedlich stark verbreitet: Absenz- undCase Management sind am weitesten umgesetzt(53 % vollumfängliche Umsetzung), gefolgt vonMassnahmen der Arbeitsgestaltung, Personal- undOrganisationsentwicklung (36 % vollumfänglicheUmsetzung). Zu letzteren gehören ergonomischeArbeitsplätze und Arbeitsumgebung, die Förderungvon Erholung und Pausen, eine gute Betriebskulturund wertschätzende Führungskultur, gesundheitsförderliche Aufgabengestaltung, Förderung derVereinbarkeit von Berufs- und Privatleben undMassnahmen zur Personalentwicklung. Wenigerverbreitet ist eine vollumfängliche Umsetzung vonMassnahmen einer BGM-Strategie (15 %), die nebenMassnahmen zur strategischen Verankerung vonBGM, dem Einbezug der Mitarbeitenden im BGM sowie der Überprüfung der Wirksamkeit von BGMauch Massnahmen der Arbeitssicherheit und desGesundheitsschutzes umfassen. Auch die Mass nahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung(BGF) und Mitarbeitendenbefragungen sind weniger umgesetzt (16 % vollumfängliche Umsetzung).Zu den BGF-Massnahmen gehören die Themenbereiche Bewegungsförderung/Sportangebote, Förderung gesunder Ernährung / gesundes Essensangebot und Sensibilisierung zu Stress und psychischer Gesundheit.Insgesamt zeigt sich ein hoher Bedarf der Betriebe,BGM-Massnahmen auszubauen. Mit Abstand amhäufigsten wollen Betriebe künftig mehr in Massnahmen zur Sensibilisierung zu Stress und psychischer Gesundheit investieren (36 % der Betriebe),danach folgen Massnahmen zur Bewegungsförderung / Sportangebote (21 %) und zur Vereinbarkeitvon Berufs- und Privatleben (18,5 %).Zu den Voraussetzungen für BGM im Betrieb zählenvorhandenes Wissen und Kompetenzen für BGM sowie der Stellenwert von BGM. In 75 % der SchweizerBetriebe sind die Voraussetzungen für BGM nochnicht voll gegeben. Entwicklungsbedarf besteht insbesondere beim Wissen über die Wirkung und denNutzen von BGM (nur bei 14 % voll gegeben) sowiebeim Fachwissen bzw. bei der fachlichen Unterstützung dazu (bei 21 % voll gegeben). Weiter berichtennur 10 % der Schweizer Betriebe, dass sie über genügend Zeit für BGM verfügen, und 17 % berichtenüber ausreichende finanzielle und personelle Ressourcen.Als wichtigste Voraussetzungen für einen hohenBGM-Umsetzungsgrad im Betrieb erwiesen sichFachwissen, fachliche Unterstützung zur Umsetzung von Massnahmen, die strategische Anbindungdes Themas an die HR- und Unternehmensstrategie, das Bewusstsein und die Unterstützung seitensder Geschäftsleitung für das Thema sowie finanzielle und personelle Ressourcen für BGM.Was die Treiber, also die Beweggründe für BGM,betrifft, wird der Zufriedenheit und dem Befindender Mitarbeitenden (59 % sehr wichtig), dem Senkender Absenzrate (57 %) sowie der Produktivität undQualität der Leistung (51 %) die grösste Bedeutungbeigemessen.

8Betriebliches Gesundheitsmanagement in Schweizer Betrieben, Monitoring-Ergebnisse 2016Je höher die Arbeitsbelastungen der Mitarbeitendeneingeschätzt werden, desto mehr wird im Betrieb inBGM investiert: In den Betrieben mit dem höchstenBGM-Umsetzungsgrad sind die Mitarbeitenden nachEinschätzung der Befragten den höchsten zeitlichenund psychischen Belastungen ausgesetzt, jedochverfügen sie auch über die meisten Ressourcen, ummit diesen Belastungen umzugehen.Insgesamt nutzen 65 % aller Schweizer Betriebemindestens eine externe BGM-Dienstleistung oderWerkzeug. Mit Abstand am häufigsten werden externe Beratungen (51 %) und Schulungen (45 %) zuBGM genutzt. Verhältnismässig wenig genutzt werden Onlinetools und Apps (9 %).

Betriebliches Gesundheitsmanagement in Schweizer Betrieben, Monitoring-Ergebnisse 2016 91 Gegenstand und ZielsetzungGesundheitsförderung Schweiz engagiert sich imRahmen ihres gesetzlichen Auftrags zur Förderungder Gesundheit und zur Verhütung von Krankheitenfür die Stärkung der psychischen Gesundheit unddie Reduktion von Stress im Setting Arbeit (Gesundheitsförderung Schweiz, 2014). Im Rahmen ihresEngagements und ihrer Aktivitäten zum Schwerpunktbereich Psychische Gesundheit im Setting Betrieb hat sich Gesundheitsförderung Schweiz zumZiel gesetzt, ein Monitoring zur Verbreitung von betrieblichem Gesundheitsmanagement (BGM) in derSchweiz umzusetzen. Unter BGM versteht Gesundheitsförderung Schweiz das systematische Optimieren von gesundheitsrelevanten Faktoren im Betrieb.BGM schafft durch die Gestaltung betrieblicherStrukturen und Prozesse die Voraussetzungen fürdie Gesundheit der Mitarbeitenden und trägt so zumUnternehmenserfolg bei. BGM bedingt die Mitwirkung aller Personengruppen im Betrieb, ist integriert in die Unternehmensführung und zeigt sich inder gelebten Unternehmenskultur (in Anlehnung anBadura, Ritter, & Scherf, 1999). Das BGM-Monito-ring ist eine periodische Erhebung ausgewählterIndikatoren und dient als Informationsquelle zur Beobachtung von gesellschaftlichen Entwicklungenin der Schweiz zum Thema BGM. Es liefert erstmaligrepräsentative Informationen über den Umsetzungsgrad von BGM in Schweizer Unternehmen unddient somit als Grundlage zur zielgerichteten undeffizienten Sensibilisierung, Entwicklung und Verbreitung von BGM. Als Basis des Monitorings dientdas Wirkmodell BGM Public Health, ein Wirkmodellzum Handlungsansatz von GesundheitsförderungSchweiz zur Stärkung der psychischen Gesundheitvon Erwerbstätigen im Setting Betrieb. Im Zentrumdes Monitorings steht eine repräsentative Auswahlvon Schweizer Betrieben im sekundären und ter tiären Sektor (Industrie und Dienstleistung) in dendrei Sprachregionen Deutschschweiz, Westschweiz,und italienische Schweiz. Das Monitoring stellt somit erstmalig repräsentative Zahlen zur Verbreitungvon BGM in Schweizer Betrieben zur Verfügung, dieals Informationsquelle für Betriebe und verschiedeneAkteure im Bereich BGM, Politik und Medien dienen.

10Betriebliches Gesundheitsmanagement in Schweizer Betrieben, Monitoring-Ergebnisse 20162 Ansatz und Methode2.1Zielgruppe und Struktur des MonitoringsDie Hauptzielgruppe des BGM-Monitoringssind Betriebe ab 100 Mitarbeitenden mit denRepräsentativitätskriterien Wirtschaftssektor(Industrie und Dienstleistung) und Sprachregion (Deutschschweiz, Westschweiz, italienische Schweiz).Um für die italienischsprachige Schweiz eine repräsentative Betriebsstichprobe zu erhalten, musstedie Zielgruppe insgesamt erweitert werden auf kleinere Betriebe mit zwischen 50 und 100 Mitarbeitenden. Die Erweiterung auf kleine Unternehmen unter100 Mitarbeitenden wurde nur als Zusatzstichprobeerhoben und erhebt keinen Anspruch auf Repräsentativität.Die Zielgrösse für die Anzahl zu befragender Unternehmen wurde aufgrund methodischer Überlegungen auf 800 Betriebe festgelegt. Damit ergab sichein Stichprobenfehler von /–3,2 %. Das LINK Institut, das für die Durchführung der Befragung verantwortlich war, sah vor Beginn der Befragung deshalbfolgenden Stichprobenplan vor: Sprachregionen:D-CH: ca. N 550 BetriebeW-CH: ca. N 210 BetriebeI-CH: ca. N 40 Betriebe Wirtschaftssektor:Industrie: ca. N 400 BetriebeDienstleistung: ca. N 400 Betriebe Unternehmensgrösse:KU (50–100 Mitarbeitende): ca. N 300 BetriebeMU (100–249 Mitarbeitende): ca. N 385 BetriebeGU (mehr als 249 Mitarbeitende): ca. N 115 BetriebeDie Selektion der Unternehmen sollte disproportional in Bezug auf die Unternehmensgrösse erfolgen.Ohne diese Steuerung würden fast 50 % der Interviews mit Unternehmen mit 50 bis 100 Mitarbei tenden durchgeführt. Da die Hauptzielgruppe desMonitorings jedoch Unternehmen ab einer Grössevon 100 Mitarbeitenden waren, wurde diese überproportionale Vertretung von grösseren Betriebenals 100 Mitarbeitenden angestrebt.Das BGM-Monitoring orientiert sich am WirkmodellBGM Public Health von GesundheitsförderungSchweiz (Gesundheitsförderung Schweiz, 2014).Eine vereinfachte Version dieses Modells ist in Abbildung 1 dargestellt. Das Modell leitete sowohl diePriorisierung der Indikatoren für die Befragung alsauch die Strukturierung der Ergebnisaufbereitung.2.2FragebogenentwicklungDas Wirkmodell BGM Public Health von Gesundheitsförderung Schweiz (s. Abbildung 1) strukturierte die Fragebogenentwicklung. Drei Themenblöckewurden gebildet und aufeinander abgestimmt:BGM-Investition/Steuerung (BGM-Umsetzungsgrad),BGM-Ergebnisse (Arbeitsbedingungen) und BGMPotenzial (siehe Abbildung 29 in Anhang A). Im Vorfeld des Monitorings wurden diese drei Themen blöcke in Unterthemen aufgegliedert und verfeinert.Jedem Thema wurden Konzepte aus den Organisations- und Verhaltenswissenschaften zugeordnetund potenzielle Indikatoren aufgelistet1.Die Entwicklung von einzelnen Fragen erfolgte soweit wie möglich in Anlehnung an bereits bestehende Instrumente, um den Vergleich mit anderenStudien zu ermöglichen (s. Kapitel 5). Die Frage bogenentwicklung erfolgte in einem mehrstufigenProzess. In einem ersten Schritt wurden sämtliche1  Dies sind Konzepte wie das transtheoretische Modell der Verhaltensänderung, das als Stufenmodell bereits für die Erfassung des BGM-Stands verwendet wurde (Bauer & Jenny, 2007, 2016), die RE-AIM-Kriterien (http://re-aim.org/) zurEinschätzung des Public Health Impacts von Massnahmen der Gesundheitsförderung (Glasgow, Lichtenstein, & Marcus,2003; Jenny et al., 2015), Qualitätsmanagement-orientierte Ansätze wie Friendly Work Space oder individualpsycholo gische Modelle wie das Health Action Process Approach Model (Schwarzer, 2008), in denen Punkte wie die Einstellungenzu und Moti v ation für BGM an gesprochen waren.

Betriebliches Gesundheitsmanagement in Schweizer Betrieben, Monitoring-Ergebnisse 2016 11ABBILDUNG 1Wirkmodell BGM Public Health von Gesundheitsförderung Schweiz(vereinfachte Version; Gesundheitsförderung Schweiz, 2014)Gesundheitsförderung SchweizBetriebe5 Betriebe erfahren, dass sich BGM lohnt (Imagegewinn und Unternehmenserfolg, z. B. durch Abnahme von Absenzen, Zunahme von Arbeitszufriedenheitund Produktivität)7 BGM-Ansätze entwickelnund verbreiten– Instrumente– Standards– Good-practice-Beispiele– Weiterbildungen8 Motivation zu BGM fördern– Nutzen aufzeigen (finanziell,erhöhte Produktivität)– Imagegewinn stärken4 Massnahmen in denBetriebenBetriebe– wenden Analyseinstrumentean (z. B. Mitarbeitendenbefragung)– setzen Interventionen um(z. B. Führungsschulung zumThema Wertschätzung)– integrieren Analyse- undInterventionsprozesse inbestehende Managementsysteme9 Fördern von Austausch, Partnerschaften und Netzwerken zurMultiplikation von BGM2 Arbeitsbedingungen in denBetrieben– Sicherstellung einer angemessenen physikalischenUmgebung und Infrastruktur– Reduktion von sozialen undorganisationalen Stressoren(wie Konflikte, Diskriminierung, Zeitdruck, Unterbrechungen)– Stärkung von sozialen undorganisationalen Ressourcen(wie Wertschätzung, Klarheitvon Aufgaben und Prozessen,Gewähren von Handlungsspielraum)Öffentliche Gesundheit1 Erhalt / Verbesserungder psychischen Gesundheitder ErwerbstätigenReduktion von stressbedingtenFolgekrankheiten (z. B. HerzKreislauf-Erkrankungen)3 Personale Ressourcenvon Mitarbeitenden undFührungspersonenDiese sind in ihren Ressourcengestärkt und wissen, wie sieAuslöser von Stress erkennenund vermindern können10 Sensibilisierung von Betrieben,Erwerbstätigen und der Öffentlichkeit für psychische Gesundheit / Stress am ArbeitsplatzGesellschaft6 Betriebe, Erwerbstätige und Öffentlichkeit sind sensibilisiertbezüglich psychische Gesundheit / Stress am ArbeitsplatzPositive Wirkung auf das Umfeld(z. B. Familie)Handlungsansatz von Gesundheitsförderung Schweiz zur Stärkung der psychischen Gesundheit von Erwerbstätigen im Setting Betrieb – vereinfachte Versionbekannten Erhebungen zum Stand BGF/BGM undGesundheitsschutz in der Schweiz und in Deutschland gesammelt und deren Fragen den einzelnenThemenbereichen zugeordnet. In einem zweitenSchritt wurden für eine Harmonisierung der Er hebungsinstrumente etablierte Instrumente vonGesundheitsförderung Schweiz (KMU-vital, BGMCheck, Friendly Work Space) priorisiert und mitErhebungsinstrumenten der Abteilung Public & Organizational Health abgeglichen2 . In einem dritten Schritt wurden die europäischen Studien mitSchwerpunkt Deutschland priorisiert, wobei v. a.Panelstudien von Betriebserhebungen von Interesse waren. Dazu gehören die ESENER-Umfrage (EUOSHA, 2016), die auch in der Schweiz durchgeführtwird, das IAB-Betriebspanel (Hollederer & Wießner,2014) sowie die einmalig durchgeführte IGA- Studiezu Motiven und Hemmnissen von BGM (Bechmann,Jäckle, Lück, & Herdegen, 2010). Auf Basis diesesschrittweisen Vorgehens wurde entschieden, fürdie Erfassung des BGM-Umsetzungsgrads primärdie BGM-Check-Fragen von GesundheitsförderungSchweiz als Grundlage zu verwenden und sich fürdie Erfassung des BGM-Potenzials primär an dieESENER-II-Studie und den IGA-Report anzulehnen.Für die vorliegende Erhebung wurde eine gestufteAntwortskalierung mit maximal vier Stufen gewählt(Bauer & Jenny, 2007, 2016; siehe z. B. auchGrutsch & Kressig, 2015). Der Umfang des Frage bogens wurde auf zwei Seiten beschränkt, da die2  Die Abteilung Public & Organizational Health des EBPI der Universität Zürich führt seit 2001 Erhebungen zum Stand BGMdurch (Bauer & Jenny, 2016) und war an der Entwicklung von KMU-vital beteiligt.

12Betriebliches Gesundheitsmanagement in Schweizer Betrieben, Monitoring-Ergebnisse 2016Beantwortung nicht länger als zehn Minuten dauernsollte. Auf eine kurze und verständliche Formulierung der Fragen wurde besonderer Wert gelegt. Diefinale Version des Fragebogens findet sich im Anhang B. Abbildung 2 zeigt das Schema für die Gruppierung der Fragen, an dem sich auch der Ergebnis-bericht orientiert (s. Kapitel 4). Das Schema nimmtjeweils Referenz auf das Wirkmodell BGM PublicHealth von Gesundheitsförderung Schweiz (Abbildung 1) und verweist auf die Frage nummern (F1 bisF9) im Fragebogen (s. Anhang B).ABBILDUNG 2Mindmap der Befragung zum BGM-Monitoring, in Anlehnung an das Wirkmodell BGM Public Healthvon Gesundheitsförderung Schweiz (2014)BGM-Umsetzungsgrad (GFCH 4)BGM-Stadium(F3)Absenz- / CaseManagementBGM-StrategieStellenprozente(F9)BGF und MABBGM-Ansätze (GFCH 7)Externe DL(F6)Arbeitsbedingungen (GFCH 2)Ressourcen(F7.2)BGMUmsetzungs grad(F1 estaltung,PE & OEBGM-Potenzial (GFCH 5 6)BGM-Voraus setzungen(F4)BGM-PotenzialPsychische Gesundheitder Erwerbstätigen(GFCH 1)BGM-Treiber(F5) F1 bis F9: Referenz auf Frageblöcke im Fragebogen   GFCH [Nr]: Referenz zum Wirkmodell zum Handlungsansatz von Gesundheitsförderung Schweiz zur Stärkungder psychischen Gesundheit von Erwerbstätigen im Setting Betrieb (vereinfachte Version)

Betriebliches Gesundheitsmanagement in Schweizer Betrieben, Monitoring-Ergebnisse 2016 132.3Erhebungsprozess und GrundgesamtheitDas LINK Institut verantwortete die Ziehung einerrepräsentativen Stichprobe von Schweizer Unternehmen ab 100 Mitarbeitenden und die Durchführung der Befragung. Für den Aufbau der Adress datenbank wurden Adresslisten von arvato (AZDirect) von HR-Verantwortlichen von Schweizer Betrieben genutzt.Die Grundgesamtheit für die Stichprobe sindalle Betriebe der deutsch-, französischund i talienischsprachigen Schweiz des sekundären und tertiären Sektors mit mindestens50 Mit arbeitenden.Die Verteilung der Grundgesamtheit von SchweizerBetrieben nach Sprachregion, Wirtschaftssektorund Unternehmensgrösse ist in Tabelle 6 im AnhangA aufgeführt.Die Befragung erfolgte zwischen dem 2. Mai unddem 13. Juni 2016. Die durchschnittliche Bearbeitungszeit für den Fragebogen lag bei 11 Minuten.In einem ersten Schritt wurde das Einladungsschreiben 3 zusammen mit dem schriftlichen Fragebogen und einem vorfrankierten Rückantwortcouvert an die HR-Verantwortlichen von 2000 Betriebenverschickt. Es wurde darauf hingewiesen, dassder Fragebogen von derjenigen Person im Betriebausgefüllt werden sollte, die am besten über dasEngagement des Betriebs für die Gesundheit derMitarbeitenden Auskunft geben kann. Der Frage bogen konnte entweder schriftlich oder online ausgefüllt werden, um eine maximale Ausschöpfungder Stichprobe zu erreichen. Nach drei Wochen erfolgte eine schriftliche Erinnerung. Da infolge dieserErinnerung bereits die gewünschte Anzahl Betriebevon N 800 erreicht wurde, konnte auf eine zweite(telefonische) Erinnerung verzichtet werden.3  Der Fragebogen wurde von einem motivierenden Einladungsschreiben begleitet, das über die Zielsetzung der Befragunginformieren und Akzeptanz für die Befragung sicherstellen sollte. Absender des Einladungsschreibens war Gesundheitsförderung Schweiz mit Direktor Dr. Thomas Mattig als Unterzeichner. Das Schreiben enthielt unter anderem Informationen zum Hintergrund der Studie, zu Befragungsdauer und -zeitraum, den Hinweis auf Anonymitätsgewährleistung sowieauf den Teilnahmeanreiz (Verlosung von BGM-Dienstleistungen von Gesundheitsförderung Schweiz).

14Betriebliches Gesundheitsmanagement in Schweizer Betrieben, Monitoring-Ergebnisse 20163 Beschreibung der Stichprobe3.1Stichprobengrösse und -beschaffenheitDie Stichprobe besteht aus 833 Betrieben, die denFragebogen ausgefüllt haben, davon 62 % schriftlich(N 517) und 38 % online (N 316). Für die Gewährleistung der Repräsentativität der Stichprobe wurden die Daten für die Auswertungen gewichtet.Tabelle 1 zeigt die Struktur und die Gewichtung derStichprobe nach Wirtschaftssektoren und Sprachregionen. Aufgeführt sind die ungewichtete Anzahlrealisierter Fragebogen und die gewichtete (repräsentative) Anzahl Betriebe im Total und differenziertnach Unternehmensgrösse, Wirtschaftssektor undSprachregion. Der Gewichtungsfaktor gibt die Artund Stärke der Gewichtung an. Ein Gewichtungsfaktor von 1 bedeutet, dass eine Antwort genau als eineAntwort zählt. Ein Gewichtungsfaktor von kleiner 1bedeutet, dass die Antwort etwas weniger gewichtetwird für die Auswertungen. Ein Gewichtungsfaktorvon grösser 1 bedeutet, dass eine Antwort etwasmehr Gewicht erhält.Durch die Gewichtung nach Sprachregion undWirtschaftssektor ist die Stichprobe repräsentativ für Schweizer Betriebe ab 100 Mitarbeitendenaus dem Industrie- und Dienstleistungssektorsowie aus der deutsch-, französisch- und italienischsprachigen Schweiz.TABELLE 1Stichprobengrösse: ungewichtet und gewichtet nach den Kriterien Wirtschaftssektor (Industrie, Dienstleistung)sowie Sprachregion (deutsch-, französisch-, italienischsprachige Schweiz)UngewichtetAnzahlBasis (100 %)in %833GewichtetAnzahlGewichtungsfaktorin %8331,000UnternehmensgrösseKU11313,6 %11814,2 %1,048MU40248,3 %40448,5 %1,006GU31838,2 %31037,2 %0,976IND30636,7 %27833,4 %0,908DL52763,3 %55566,6 %1,053D-CH62875,4 %60672,7 %0,965W-CH16019,2 %18121,8 %1,133I-CH455,4 %465,5 %1,018SektorSprachregionAnmerkungen: KU: Kleine Unternehmen mit 50–99 Mitarbeitenden (MA); MU: Mittlere Unternehmen mit 100–249 MA;GU: Grosse Unternehmen mit 250 MA; IND: Industriesektor; DL: Dienstleistungssektor; D-CH: Deutschschweiz;W-CH: Westschweiz; I-CH: Italienischsprachige Schweiz.Die Stichprobe wurde für die Faktoren Wirtschaftssektor und Sprachregion gewichtet und widerspiegelt so die Verteilungder Schweizer Betriebe hinsichtlich dieser beiden Faktoren. Zu Informationszwecken wird hier auch die Anzahl Betriebenach Betriebsgrösse aufgeführt. Die Stichprobe ist jedoch nicht repräsentativ für die Unternehmensgrösse. Die Gewichtungsfaktoren der Unternehmensgrösse ergeben gerundet alle 1,0 (d. h. keine Gewichtung, eine Betriebsstimme zählt inden Auswertungen als eine Betriebsstimme). Die Abweichungen im 2-stelligen Dezimalbereich entstehen als Nebeneffektder Gewichtung der beiden Repräsentativitätskriterien Sektor und Sprachregion, sind jedoch vernachlässigbar.

Betriebliches Gesundheitsmanagement in Schweizer Betrieben, Monitoring-Ergebnisse 2016 15Die Verteilung der Stichprobe nach Unternehmensgrösse wird

8 Betriebliches Gesundheitsmanagement in Schweizer Betrieben, Monitoring-Ergebnisse 2016 Je höher die Arbeitsbelastungen der Mitarbeitenden eingeschätzt werden, desto mehr wird im Betrieb in BGM investiert: In den Betrieben mit dem höchsten BGM-Umsetzungsgrad sind die Mitarbeitende