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Dr. David Greiner*Das Verhältnisdes Verwalters zur rechtsfähigenGemeinschaftund zu den WohnungseigentümernDas Thema dieses Beitrags wird von der nahenden WEGReform überlagert. Der Regierungsentwurf vom 23. März2020 für ein „Gesetz zur Förderung der Elektromobilitätund zur Modernisierung des sierungsgesetz - WEMoG)"1ordnet die Rechtsbeziehungen innerhalb einer Wohnungseigentümergemeinschaft in einer Weise neu, dass sich diederzeit bestehenden Probleme erledigen werden. Vor diesem Hintergrund wird die aktuelle Rechtslage, soweit sievoraussichtlich nicht mehr lange Bestand haben wird, imfolgenden Beitrag nur knapp erörtert. Etwas mehr Raumwird der Frage nach der Grundlage der Verwalterpflichteneingeräumt. In diesem Rahmen sind streitige Fragen desZusammenhangs von Bestellung und Verwaltervertrag zudiskutieren, die auch nach einer Gesetzesreform aktuellbleiben werden.I. Pflichten des Verwalters gegenüberderGemeinschaft und gegenüberdenWohnungseigentümem1. Die rechtliche AusgangslageDie Frage, wem gegenüber die Rechte und Pflichten des Verwalters bestehen bzw. wer sie einfordern kann (die Gemeinschaft oder die Wohnungseigentümer?) ist seit der WEGReform 2007 und der damit einhergehenden Anerkennungder Rechtsfähigkeit nicht schlüssigzu beantworten. Das Ge"'1Der Autor ist Rechtsanwalt und Fachanwalt fürMiet- und Wohnungseigentumsrecht sowie für Bau- und Architektenrecht in Tübingen. DerBeitrag basiert auf seinem Vortrag auf dem 45. Fachgespräch des eid„Rechtsverhältnissein der rechtsfähigen Gemeinschaft und Spezialimmobilien im Wohnungseigentum" am 24.10.2019 in Fischen, Allgäu.BT-Drs. 19/18791.

Greiner, Verhältniszur GemeinschaftAufsätzesetz macht nämlich unvereinbare Vorgaben, indem es demVerwalter eine Art „Zwitterstellung" als „Diener zweierHerren" zuweist. Einerseits ist der Verwalter Vertragspartner und Organ der Gemeinschaft. Der Beschluss seiner Bestellung und der Beschluss des Verwaltervertrags werden imAußenverhältnisvon der Gemeinschaft umgesetzt, da fürdieBestellung und den Verwaltervertrag insoweit nichts anderesgilt als für alle anderen gemeinschaftlichen Verträge: Siewerden im Namen der Gemeinschaft (Verband) abgeschlossen. Damit ist die Frage, wer Ansprüche- wobei hier Primäransprüche (Erfüllungsansprüche)gemeint sind - gegen denVerwalter geltend machen kann, eigentlich klar zu beantworten: Nur der Vertragspartner, also die Gemeinschaft,nicht aber die einzelnen Wohnungseigentümer. Diese sindzwar in den Schutzbereich des Vertrags einbezogen und können ggf. Sekundäransprüche (Schadensersatz) geltend machen; sie sind aber keine Vertragspartner und können deshalb keine Vertragserfüllung verlangen. Andererseits bestimmt § 27 I WEG ausdrücklich, dass der Verwalter „gegenüber den Wohnungseigentümern und gegenüber derGemeinschaft der Wohnungseigentümer" zur Tätigkeit berechtigt und verpflichtet ist; in den einzelnen Nummern des§ 27 I WEG werden einige dieser Pflichten beschrieben (Beschlüsse der Wohnungseigentümer durchzuführen usw.). Espasst nicht zusammen, dass der Verwalter sowohl den Wohnungseigentümern als auch der Gemeinschaft gegenüber zurLeistung verpflichtet sein soll, obwohl (nur) die Gemeinschaft sein Vertragspartner und Besteller ist. Der Gesetzgeber der WEG-Reform 2007 verfügte ersichtlich über keinen zu Ende gedachten Regelungsplan zu der Frage, wie dievom BGH 2005 neu „entdeckte" Rechtsfähigkeit der Gemeinschaft in das Wohnungseigentumsrecht einzupassen sei.Der Abschlussbericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zurReform des Wohnungseigentumsgesetzes fasst diesen Befundzutreffend mit den Worten zusammen: „Insgesamt ist einekonzeptionelle Unklarheit über die Rolle der Gemeinschaftder Wohnungseigentümerzu konstatieren."22. Die Grundsatzentscheidung des BGH vom 8.6.2018Auch ein widersprüchliches Gesetz ist anzuwenden. Somusste sich der BGH zu der hier thematisierten Frage positionieren, ob die Gemeinschaft oder die Wohnungseigentümer Ansprüche gegen den Verwalter geltend machen können. Im entschiedenen Fall ging es (mittelbar) darum, wervom Verwalter die Durchführungeines Beschlusses übereineInstandsetzungsmaßnahme (konkret ging es um die Instandsetzung der feuchten Außenwand im Bereich einer Wohnung) verlangen konnte. Der BGH entschied: „Zwar könneneinzelne Wohnungseigentümer die vertraglichen Ansprücheder Gemeinschaft gegen den Verwalter nicht geltend machen, ohne zuvor einen Beschluss der Eigentümerversammlung herbeizuführen. [.] Aber jedenfalls auf die Durchführung von Beschlüssen haben die einzelnen Wohnungseigentümer jeweils einen individuellen Anspruch".3 Obwohl derBGH in diesem Urteil das interne Haftungskonzept der Gemeinschaft neu aufstellte und -. in Abkehr von seiner früheren Rechtsprechung - entschied, dass die Gemeinschaft „imInnenverhältnis nicht in die ordnungsmäßige Verwaltungdes Gemeinschaftseigentums eingebunden" sei, wurde dieFrage nach der Zuständigkeit für die Geltendmachung vonAnsprüchen gegen den Verwalter nicht allgemeingültig beantwortet; die Entscheidung wirft insofern vielmehr neueFragen auf. Wenn „vertragliche Ansprüche" gegen den Verwalter nur von der Gemeinschaft geltend gemacht werdenkönnen, der Anspruch auf Beschlussdurchführung „aber jedenfalls" auch vom einzelnen Wohnungseigentümer, stelltZWE 7-8/2020 261sich nämlich die Frage, wieso der Anspruch auf Beschlussdurchführung kein vertraglicher Anspruch sein soll und allgemein, welche Ansprüche gegen den Verwalter vertraglichen Charakter haben und welche nicht. Des Weiteren stelltsich die Frage, wie andere Ansprüche gegen den Verwalterzu beurteilen sind: Der Anspruch auf Vorlage der Jahresabrechnung, auf Anforderung von Beiträgen, auf Einsicht indie Verwaltungsunterlagen, usw.: Können die Wohnungseigentümer diese Ansprüche individuell und direkt gegenüber dem Verwalter geltend machen oder bedarf es j'eweilseiner Beschlussfassung der Gemeinschaft? Aus dem BGHUrteil ergibt sich, dass diese Fragen jeweils im Einzelfall zuentscheiden sein sollen. Eine solche Vorgabe ist angesichtsder widersprüchlichen Gesetzeslage zwar verständlich, aberdogmatisch unbefriedigend und für die Praxis wenig hilfreich.Das Urteil gibt auch die derzeit maßgeblichen Leitlinien zurFrage vor, wer von wem Schadensersatz verlangen kann,wenn der Verwalter in Ausübung seiner VerwaltertätigkeitSchäden verschuldet. Bei Schäden am Gemeinschaftsvermögen kann nur die Gemeinschaft Ersatzansprüche geltendmachen; das war und ist unumstritten. Streitig war bis zurBGH-Entscheidung aber die Frage, was fürSchäden gilt, dienur bei einzelnen Wohnungseigentümern eintraten. Ein hierfür typischer Fall lag dem BGH-Urteil zugrunde: Der Verwalter unterließ pflichtwidrig die Umsetzung eines Beschlusses zur Instandsetzung der feuchten Außenmauer mit derFolge, dass die Wohnung unbenutzbar war und dem betroffenen Wohnungseigentümer ein Mietausfallschaden entstand. Gegen wen konnte oder musste der Wohnungseigentümer seinen Anspruch auf Schadensersatz richten? In derLiteratur wurde - nach hiesiger Auffassung zu Recht - vertreten, dass sich die Gemeinschaft das Verschulden des Verwalters (ihres Organs) analog §31 BGB als eigenes zurechnen lassen müsse;dann wäre die Gemeinschaft auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen. Der BGH entschied aber,dass die Gemeinschaft ihren Mitgliedern (den Wohnungseigentümern) keine ordnungsmäßige Verwaltung schulde;folglich muss ein vom Verwalter geschädigter Eigentümerden Verwalter in Anspruch nehmen. Falls ein Eigentümereinen Schaden erleidet, den ein von der Gemeinschaft beauftragter Unternehmer verschuldet, gilt das Gleiche: Der geschädigte Eigentümer muss sich an den Unternehmer direkthalten, weil dessen Verschulden der Gemeinschaft nicht zugerechnet wird. Das Urteil wird insofern zu Recht kritisiert,weil dem Eigentümerdamit das Insolvenzrisiko einer Personaufgebürdetwird, die er sich nicht selbst als Vertragspartnerausgesucht hat, sondern die aufgrund eines Mehrheitsbeschlusses einen Vertrag mit der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer geschlossen hat.43. Die Hoffnung auf eine WEG-Reform 2020Ein Ende des Dilemmas ist in Sicht, denn der sprichwörtlicheFederstrich des Gesetzgebers kann - und wird voraussichtlich - Abhilfe schaffen. Der eingangs erwähnte Regierungsentwurf für ein Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzsieht in seinem §18 Folgendes vor:„(l) Die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums obliegt der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. (2) Jeder234ZWE 2019,430 (444 f.).BGHZ 219, 60 ZWE 2018, 354 (Ls.). Dazu Letzner ZWE 2019,205;Schmidt-Räntsch ZWE 2020, l (13).Abschlussbericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Reform desWohnungseigentumsgesetzes, ZWE 2019, 429 (443); Häublein ZWE2bT9,'25 "" """""''''"" '"'

262ZWE 7-8/2020AufsätzeGreiner, Verhältniszur Gemeinschaftder Beschluss einer Verwalterabberufung von der Kündigungdes Verwaltervertrags zu unterscheiden sei.8 Andererseitshält der BGH eine Verwalterbestellung nur dann für ordnungsmäßig, wenn zugleich oder zumindest in derselbenEigentümerversammlung, in der die Bestellung erfolgt, auchdie Eckpunkte des abzuschließenden Verwaltervertragsund Vergütung) in wesentlichen Umrissen geregeltNach dem überzeugendenRegelungskonzept des Reforment- (Laufzeitwerden;9 bei konsequenter Anwendung der Trennungstheowurfs ist die Gemeinschaft Trägerin der gesamten Verwal- riemüsste man den Beschluss der Verwalterbestellung untung. Sie handelt durch ihre Organe (Versammlung derabhängig davon beurteilen, ob ein Verwaltervertrag beWohnungseigentümer als Willensbildungsorgan; Verwalterschlossen wird. Auch hält es der BGH nicht für ordnungsals Vertretungsorgan). Die vorliegend thematisierte Fra- mäßig,wenn ein wirksam bestellter Verwalter auf Dauergestellung wird auf dieser Grundlage klar zu beantworten ohne Verwaltervertrag bleibt oder wenn umgekehrt dersein: Ansprüche einzelner Wohnungseigentümer auf Bewirksam geschlossene Verwaltervertrag bestehen bliebe,schlussdurchführung (oder generell auf ordnungsmäßige ohnedass der Verwalter die Organstellung als VerwalterVerwaltung) sind gegen die Gemeinschaft der Wohnungs- erlangte und seinenVertrag erfüllen könnte. Deshalb könneeigentümerzu richten; Direktansprüche gegen den VerwalterWohnungseigentümerverlangen, dass ein wirksam bejederstehen den Wohnungseigentümern nicht mehr zu. Soll der stellterVerwalter abberufen werde, wenn es nicht gelinge,Verwalter auf Beschlussdurchführung in Anspruch genom- mit ihm einen Verwaltervertrag zuschließen.10men werden, muss die Gemeinschaft diesen Anspruch geltend machen. Ein Verwalterverschulden wird der Gemein- 2. Die Bestellung als Vertrag (Einheitstheorie)schaft zugerechnet; Ersatzansprüchewegen Schäden, die derVerwalter in Ausübung seines Amtes bei einzelnen Woh- Die Trennungstheorie kann nicht überzeugen, da die Unternungseigentümernverschuldet hat, könnenund müssendiese scheidung eines „organschaftlichen" bzw. „körperschaftligegen die Gemeinschaft geltend machen, die dann wiederum chen" Rechtsverhältnisses (der Bestellung) von einem„schuldrechtlichen" Rechtsverhältnis (AnstellungA erwalterbeim Verwalter Regress nehmen kann.vertrag) schon im Ansatz verfehlt ist: Ein Rechtsverhältnis istimmer „schuldrechtlich" in dem Sinne, dass daraus wechselII. Grundlage der Verwalterpflichten: Vertrag oderseitige Rechte und Pflichten folgen. Auch das „organschaftliBestellung?che Rechtsverhältnis" wird rechtsgeschäftlich begründet,Vorstehend (I) wurde gezeigt, dass der BGH die Geltendma- denn es beruht darauf, dass beide Pärteien (der „Besteller"chung von (Primär-)Ansprüchender Gemeinschaft zuweist, und der „Bestellte") die Bestellung wollen; dieser Willesoweit es sich um „vertragliche Ansprüche" handelt; der sich macht das Wesen des Rechtsgeschäfts aus. Abgesehen vonaus dem Gesetz (§ 271 Nr. 1 WEG) ergebende Anspruch auf dieser Schwäche in der dogmatischen Fundierung wirft dieBeschlussdurchführung soll hingegen in die Ausübungskom- von der Trennungstheorie vorgegebene Zweigleisigkeit ohnepetenz der einzelnen Wohnungseigentümer fallen. Im Fol- Not zahllose ungeklärte (Folge-)Fragen auf.genden wird unter Einbeziehung der zu erwartenden Änderungen durch die WEG-Reform 2020 untersucht, ob diese Das Gegenmodell (Einheitstheorie) sei nachfolgend kurzDifferenzierung sachgerecht ist. Zwangsläufig berührt die skizziert. Gem. § 261 WEG beschließendie WohnungseigenUntersuchung dogmatische Grundfragen: Beruhen die Ver- tümer über die Bestellung und Abberufung des Verwalterswalterpflichten auf der Bestellung oder auf dem Verwalter- mit Stimmenmehrheit. Das Gesetz spricht nur den Vorgangvertrag? Wie verhalten sich Bestellung und Verwaltervertrag der internen Willensbildung an. Ein Beschluss allein führtaber nicht zu einerBestellung; niemand wird Verwalter, nurzueinander?weil die Wohnungseigentümer einen entsprechenden Be1. Die Bestellung als körperschaftlicherAktschluss gefasst haben. Der Beschluss beinhaltet den Willen(Trennungstheorie)der Gemeinschaft, einer bestimmten Person (nennen wir ihnNach der auch im sonstigen Verbandsrecht5 herrschenden „Kandidaten") das Verwalteramt anzubieten. Da zwischenTrennungstheorie ist die Bestellung (vorliegend also der Vor- der Willensbildung im Verband und der Abgabe der Willenserklärung für den Verband zu unterscheiden ist, muss demgang, durch den eine Person zum WEG-Verwalter wird) vonBeschlusseine nach außen wirkende Willenserklärung derAnstellungsvertrageinem etwaigen(hier; Verwaltervertrag)strikt zu trennen.6 Die Verwalterbestellung stelle einen kör- Gemeinschaft folgen; damit zusammenhängende Sonderfradie Verkündung des Beschlussergebnisses in Geperschaftlichen Akt dar. Der „Akt" der Bestellung (Be- gen (genügtKandidaten? usw. sollen hier nicht vertieft werdesgenwartschlussfassung auf Seiten der Gemeinschaft) bedürfe einerden).nkann dasAngebot ausdrücklich oderKandidatDerAnnahme durch den Bestellten. Das Ergebnis sei kein Vertragsverhältnis, sondern ein „organschaftliches Rechtsver- konkludent annehmen, indem er „Ja" sagt oder indem erhältnis". Zugleich besteht - im Verbands- wie im Wohnungseigentumsrecht - Einigkeit darüber, dass Bestellung 5 BGHNJW 2011,920.6 BGH (III. Zivilsenat) NJW 1997, 2106; Becker in Bärmann, WEG,und Anstellung (Verwaltervertrag) nicht isoliert nebeneinan14. Aufl. 2018, § 26 Rn. 22; Hügel/Eker, 2. Aufl. 2018, WEG § 26der stehen, sondern miteinander koordiniert werden müssen.Rn. 2; Jacoby in Staudinger (2018), § 26 WEG Rn. 29.Es erscheint indes auf Anhieb widersprüchlich, zugleich eine 7 Greiner in BeckOGKWEG, § 26 Rn. 6 ff.; ]ennißenin Jennißen, WEG,6. Aufl.2019, § 27 Rn. 20; BdMms, Der Geschäftsleiterveruag, 1987,strikte Trennung und die Notwendigkeit der Koordinierung§ 2 II (S. 9ff.). MerlefTrautmam NJW 1973,118 (119); Merle, Bestelzübetonen. Diesen Widerspruch vermeidet die Einheitstheolung und Abberufung des Verwalters nach § 26 des Wohnungseigentumsgesetzes, 1977, 17 (mit Nachweisen zur den früheren Vertreternrie,7 die Bestellung und Vertrag als Einheit begreift.Wohnungseigentümerkann von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer eine Verwaltung des gemeinschaftlichenEigentums [.] verlangen, die dem Interesse der Gesamtheitder Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen (ordnungsmäßige Verwaltung und Benutzung) [.] entsprechen."Eine eindeutige Meinung des für das Wohnungseigentumsrecht zuständigen V. Zivilsenats des BGH zur einen oderanderen Theorie ist kaum auszumachen. Einerseits legt derBGH die Trennungstheorie zugrunde, wenn er feststellt, dassder Einheitstheorie).BGHZWE 2002, 570.BGH T yW 2015, 1378 ZWE 2015, 215; NZM 2012, 654 ZWE2012,427.10 BGH ZWE 2020, 83, Rn.41.11 AusführlichG»-emerinBeckOGKWEG,§26Rn. 45.89

Greiner, Verhältniszur GemeinschaftAufsätzeZWE 7-8/2020263.faktisch die Verwaltungstätigkeit aufnimmt. Dann liegenzwei übereinstimmende Willenserklärungen vor und ist einVertrag zustande gekommen. DieserVertrag hat den Inhalt,dass der Kandidat jetzt der Verwalter der bestellenden Gemeinschaft mit allen Rechten und Pflichten ist, die das Gesetz an die Verwalterstellung knüpft. In der Praxis geht dasAngebot allerdings meistens vom Kandidaten aus, indemdieser sich um die Verwalterbestellung bewirbt und dieWohnungseigentümer sein Angebot per Beschluss annehmen. Das macht keinen Unterschied, denn nach den Prinzipien des Schuldrechts ist es gleichgültig, wer das Angebotund wer die Annahme erklärt; entscheidend ist, dass imErgebnis schaft und Verwalterkandidat) einig sind, dass der Kandidat Verwalter der Gemeinschaft sein soll, liegt ein Verwaltervertrag vor, für den mangels anderweitiger Vereinbarungen die gesetzlichen Bestimmungen (insbesondere die§§26ff.WEG) gelten. So wenig, wie man im Mietrechtzwischen einem „häuslichen Akt" und einem Mietvertragtrennt, sollte man im Wohnungseigentumsrecht zwischeneinem „Bestellungsakt" und dem Verwaltervertrag trennen.Beides gehört als Einheit zusammen. Auf dieser Grundlagefügt sich die Verwalterbestellung in die allgemeine Rechtsgeschäftslehre ein; es erübrigt sich, ein gesetzlich nicht fundiertes Sonderrecht in Form von „Organisations- und körperschaftlichen Akten" zu konstruieren.Die hM sieht das anders. Nach hM besteht der „Bestellungsakt" aus den beiden Teilakten „Bestellungserklärung" und„Annahmeerklärung",und zwar in dieser Reihenfolge. Demnach muss ein Kandidat auch dann, wenn die Gemeinschaftihn auf seine Bewerbung hin bestellte, erst noch seine Annahmebereitschaft erklären, also eine Annahmeerklärungabgeben. Der hM ist zuzugeben, dass es im Gesellschafts-,Vereins- und Parteienrecht üblich ist, den gewählten Kandidaten, der sich um ein Amt beworben hat, nach der Wahlzu fragen, ob er das Amt annehme. Dass diese Praxis abersinnvoll und rechtlich geboten ist, muss bezweifelt werden.Warum sollte man denjenigen, der soeben das erhielt, worum er sich beworben hatte, erneut nach seiner Zustimmungfragen? Bei der Wahl in politische Ämtermag es Fälle geben,in denen ein Kandidat sich aus guten Gründen vorbehaltenmöchte, das Amt nicht anzutreten, bspw. wenn er nicht mitder von ihm erwarteten Mehrheit gewählt wurde.12 Hiersehen aber auch die einschlägigen Gesetze zumeist vor, dassder Kandidat seine Wahl ausdrücklich annehmen muss. EineVerallgemeinerung des Erfordernisses der „Annahmeerklärung" ist weder nötignoch möglich. Zivilrechtlich (und konkret WEG-rechtlich) hat die Forderung nach einer „Annahmeerklärung" keine Grundlage, wenn ein Kandidat auf seineBewerbung hin bestellt wurde.3. Die Sicherung der Vergütungsansprüchebeivorzeitiger Abberufung ohne wichtigen Grund nochmals zur TrennungstheorieDa vorstehend dargelegt wurde, dass die Verwalterbestellung nach den allgemeingültigen Grundsätzen des Schuldrechts durch Angebot und Annahme zustande kommt undsomit einen Vertrag darstellt, ist nun die Frage zu beantworten, welche Bedeutung daneben einem etwaigen besonderen„Verwaltervertrag" zukommt. Meistens erfolgt ja keine„isolierte" Bestellung, sondern liegt ihr von vornherein einschriftlicher Verwaltervertrag zugrunde; manchmal wird einschriftlicher Vertrag auch noch hinterhergeschoben. DieAntwort lautet: Durch einen „besonderen Vertrag" wird dasdurch die Bestellung bereits begründete Vertragsverhältnisausgeformt und ergänzt. Soweit es keinen besonderen Vertrag gibt, gelten (nur) die gesetzlichen Regelungen. Insoweitunterscheidet sich die Verwalterbestellung nicht von anderenVertragstypen und handelt es sich gewissermaßen um einen„normalen" rechtlichen Vorgang. Das sei am Beispiel einesMietvertrags illustriert: Wenn sich zwei Personen darübereinig sind, dass die eine Person eine Sache der anderen Person gegen ein bestimmtes Entgelt nutzen darf, liegt ein Mietvertrag vor; ob zugleich oder später weitere Regelungen vereinbart werden, spielt dafür keine Rolle. Für diesen Mietvertrag gelten die §§535ff.BGB. Wenn die Parteien nacherfolgter mündlicherEinigung noch einen schriftlichen Mietvertrag abschließen, ändert das nichts daran, dass der Mietvertrag schon vorher bestand; die schriftliche Fassung dokumentiert lediglich den Vertragsschluss und modifiziert diegesetzlichen Regelungen. Übertragen auf das Wohnungseigentumsrecht bedeutet das: Sobald sich die Parteien (Ge-Wie kam es dazu, dass sich die Trennungstheorie im Wohnungseigentumsrecht durchsetzte? Und warum erwähnt dasWohnungseigentumsgesetz nur die Bestellung, nicht aberden Verwaltervertrag? Warum steht im Gesetz nicht (vergleichbar dem § 535 BGB im Mietrecht): „Durch den Verwaltervertrag wird der Verwalter verpflichtet, die ihm nachdiesem Gesetz obliegenden Pflichten zu erfüllen. Die Gemeinschaft ist verpflichtet, dem Verwalter die vereinbarteVergütung zu entrichten."? Diese Fragen lassen sich rechtsgeschichtlich beantworten.Bei der jetzigen Fassung des § 26 WEG orientierte sich derGesetzgeber am Gesellschaftsrecht.13 Das überrascht nicht,denn es liegt auf der Hand, dass die Bestellung eines WEGVerwalters Parallelen zur Bestellung eines AG-Vorstandsoder eines GmbH-Geschäftsführers aufweist. Im Gesellschaftsrecht aber wird die Verpflichtung der Geschäftsleitergewissermaßen „traditionell" als Bestellung bezeichnet. AlsVorlage fiir den Text des § 26 WEG diente die entsprechende Regelung zur Bestellung des Aufsichtsrats im Aktienrecht, der § 84 I AktG.14 Mit der Anleihe im Gesellschaftsrecht handelte man sich die dort virulenten Theorien undProbleme ein, namentlich die Trennungstheorie. Diese entstand im Wesentlichen zur Bewältigung nur einer Fallkonstellation: Der Situation der vorzeitigen Abberufung einesGeschäftsleiters. Diese Situation gilt es zu beleuchten.Beispiel: Die X-GmbH bestellt Frau Y zur Geschäftsführerinund schließtmir ihr einen Anstellungsvertrag mit fünfjahrenLaufzeit. Nach einem Jahr ist die X-GmbH der Auffassung,dass Frau Y die an sie gestellten Erwartungen nicht erfülltund „zieht die Notbremse": Frau Y wird mit sofortigerWirkung abberufen.Gem. §381 GmbHG ist „die Bestellung der Geschäftsführerzu jeder Zeit widerruflich, unbeschadet der Entschädigungsansprüche aus bestehenden Verträgen". Demnach kann Yim Beispielsfall zwar mit sofortiger Wirkung abberufen werden; sie behält aber aufgrund des fürfünfJahre abgeschlos12 Ein jüngerer Praxisfall aus der Politik ist die Wahl des FDP-KandidatenKemmerich am 5.2.2020 zum Ministerpräsidenten Thüringens. DasWahlergebnis beruhte darauf, dass auch Gegner seiner Politik austaktischen Gründenfürihn gestimmt hatten.13 Der Text des § 26 WEG wurde in der Gesetzesänderung 1973 ausdrücklich an „die bewährte Vorschrift des § 84 Abs. 1 AktG" angelehnt (Begr. des GesE, BT-Drs. 7/62, Nr. 5 a, b, zu finden auf derInternetseite des Bundestags oder abgedr. in PiG 8, 30 Jahre Wohnungseigentum - Materialien zum WEG, 1982, 254). Der Bericht undder Antrag zum Gesetzentwurf finden sich in BT-Drs. 7/714.14 § 84 I AktG: „Die Vorstandsmitglieder bestellt der Aufsichtsrat aufhöchstens fünf Jahre. Eine wiederholte Bestellung oder Verlängerungder Amtszeit, jeweils fürhöchstensfünfjahre,ist zulässig."

.264ZWE 7-8/2020Aufsätzesenen Anstellungsvertrags ihre Vergütungsansprüche(abzüglich ersparter Aufwendungen). Dieses Ergebnis ist unstreitig- und steht j'a so auch unmissverständlich im Gesetz. DieTrennungstheorie liefert für dieses Ergebnis eine auf denersten Blick rechtsdogmatisch schlüssige Erklärung, indemsie behauptet, dass der Anstellungsvertrag vom Ende derBestellung unberührt bleibe. Diesem „Vorteil" einer scheinbar schlüssigen Erklärung stehen die oben angesprochenenNachteile gegenüber: Weil die Trennungstheorie zwischenBestellung und Vertrag unterscheidet, muss sie zur dogmatischen Einordnung der Bestellung ein außerhalbdes allgemeinen Schuldrechts stehendes „Sonderrecht" (den „körperschaftlichen Akt") kreieren. Eine schlüssige und dogmatischsaubere Begründung des - für sich genommen wie gesagtunstreitigen - Ergebnisses (Fortbestand der Vergütungsansprüche) ergibt sich demgegenüber, wenn man das allgemeine Schuldrecht anwendet, anstatt es zu verdrängen.Ausgangspunkt ist der Umstand, dass der Verlust des Geschäftsführeramtesdem (Ex-)Geschäftsführerdie Leistungserfüllung subjektiv unmöglich macht. Der historische Gesetzgeber im 19. Jahrhundert (das GmbH-Gesetz stammtvon 1892) dachte keineswegs in den Kategorien der Trennungstheorie, als er dem abberufenen Geschäftsleiter in § 38GmbHG „Entschädigungsansprücheaus bestehenden Verträgen" zubilligte. Man hielt diese Ansprüche vielmehr für„Sekundäransprüche" zum Schutz des Bestellten.15 Nachdem heute geltenden Schuldrecht erfolgt der Schutz einesVertragspartners, dem die Leistungserfüllung schuldlos unmöglich wird, nicht über „Sekundäransprüche".Vielmehrerlischt im Falle der Unmöglichkeit der Leistung die Leistungspflicht bei fortbestehendem Anspruch auf die Gegenleistung (Vergütung). Der obige Beispielsfall ist deshalb wiefolgt zu lösen: Soweit der GeschäftsführerinY infolge derAbberufung die ihr obliegende Vertragserfüllung unmöglichgemacht wird, erlischt gem. §275 I BGB ihre Leistungspflicht, sie behält gem. § 326 II 1 BGB aber ihren Anspruchauf die Gegenleistung (Vergütung).Greiner, Verhältniszur GemeinschaftGemeinschaft Vergütung für vier Jahre (abzüglich ersparterAufwendungen); dies mit der Begründung, sein Verwaltervertrag sei nicht wirksam gekündigt worden, da kein wichtiger Grund vorgelegen habe.WürdeV - gesetzt den Fall, es lag tatsächlich kein wichtigerGrund vor - mit dieser Argumentation durchdringen, müsstedie Gemeinschaft ihn zu ihrer Uberraschung für vier JahreNichtstun bezahlen. Dabeierscheint das Vorgehen des Verwalters wenig schutzwürdig, da er es in der Hand gehabthätte, durch Anfechtung des Abberufungsbeschlusses dieFrage klären zu lassen, ob ein wichtiger Grund voriag. Mankann nämlich davon ausgehen, dass die Gemeinschaft dann,wenn ihr gerichtlich bescheinigt worden wäre, dass die Abberufung unwirksam war, V lieber „zähneknirschend" weiterbeschäftigt hätte, als ihn für die Dauer der restlichen Vertragslaufzeit ohne Gegenleistung zu bezahlen. Mithin kannman davon ausgehen, dass der Verwaltervertrag grundsätzlich mit der Verwalterstellung verknüpftwird; meistens wirddies ausdrücklich vorgesehen („Der Verwaltervertrag endetin jedem Fall mit dem Ende der Bestellung"), und wo diesnicht der Fall ist, interpretieren Literatur und Rechtsprechungzutreffend eine an das Ende der Bestellung geknüpfte auflösendeBedingung in denVertrag hinein.16Nach hier vertretener Auffassung ergibt sich schon aus derwohnungseigentumsrechtlichen Kompetenzverteilung eineBindung des (Ex-)Verwalters an die Bestandskraft des Abberufungsbeschlusses. Hätte der Verwalter seine Abberufungerfolgreich angefochten, stünde mit der Bestandskraft desUrteils, durch das der Abberufungsbeschluss für ungültigerklärt wurde, nicht nur im Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander, sondern auch im Verhältnis der Wohnungseigentümerbzw. der Gemeinschaft zum Verwalter fest,dass die Verwalterstellung nicht beendet wurde. Kann dieWirkung der Bestandskraft eine andere sein, wenn das Ergebnis gegenteilig ausfällt und der Beschluss gerichtlich gehalten bzw. wenn er gar nicht angefochten wird? Kann sichein Ex-Verwalter auf den Standpunkt stellen, für ihn alsDas gilt im Grundsatz auch im Wohnungseigentumsrecht.nunmehr Außenstehenden habe die gemeinschaftliche BeInsbesondere kann man entgegen dem Mantra der Vertreterschlusslage keine Bedeutung (mehr)? Das kann aus Prinzipder Trennungstheorie kaum behaupten, dass ein Verwalter- nichtsein. Weil und soweit der Wohnungseigentumsverwalvertrag unverändertweiter bestünde,nachdem der Verwalterter die Möglichkeit hat, den Beschluss über seine Abberuabberufen wurde. Ein Ex-Verwalter kann nach der Abberu- funggerichtlich überprüfenzu lassen, muss er das Ergebnis fung keine einzige seiner Vertragspflichten mehr erfüllen.sei es das Ergebnis der Anfechtung, seien es die Folgen derVöllig zutreffend stellt der BGH fest (siehe oben Ziff. 11.1), Nichtanfechtung gegen sich gelten lassen. Im Beispielsfalldass ein Verwalter seinen Vertrag ohne Organstellung nicht kannV deshalb keine Vergütung mehr verlangen, weil auferfüllenkann. Es kann nicht darum gehen, den unveränderder Rechtskraft des Abberufungsbeschlusses feststeht,ten Fortbestand des Vertrags zu fingieren; zu beurteilen sind grund ausdass erwichtigem Grund abberufen wurde. Das hatdie Folgen, die die durch die Abberufung eingetretene Unübrigens nichts damit zu tun, ob man der Trennungstheoriemöglichkeit der Vertragserfüllung für den Vergütungsfolgt oder nicht. Als Vertreter der Trennungstheorie würdeanspruch hat. Die Lösung des Problems findet sich, wie man das Ergebnismit dem Hinweis darauf begründen, dassgesagt, in den allgemeinen Vorschriften der §§275, 326 der Verwaltervertrag wirksam außerordentlichgekündigtBGB.wurde; nach hier vertretener Auffassung würde man demVerwalter die Bestimmung des § 326 I 1 BGB entgegenhal4. Die Wirkung der Bestandskraft einesten.AbberufungsbeschlussesEsstellt sich die Frage, ob ein Verwalter an die Bestandskraft 5. Die vertragliche Natur der Verwalterpflichteneines Abberufungsbeschlusses gebunden ist.Kommen wir nach alldem zurückauf die Eingangsfrage nachdem Ursprung der Verwalterpflichten: sind sie vertraglicherBeispiel: Verwalter V wurde für fünf Jahre bestellt, wobeieine vorzeitige Abberufung nur aus wichtigem Grund mögAusf. Vaums, Der Geschäftsleitervertrag, 1987, § 211 (S. 9 ff.).lich sein soll. Nach einem Jahr wird er vorzeitig aus wichti- 1516 So fürden Fall der Anfechtung des Bestellungsbeschlusses; BGH NJW1997, 2106 Rn.19; KG ZWE 2005, 251 (Ls.) BeckRS 2004, 09674;gem Grund abberufen. Die Gemeinschaft ist anders als VOLG ZweibrückeaZMR 2004, 63 Rn. 8 BeckRS 2002, 30298531;der Überzeugung,dass ein wichtiger Grund fürdie AbberuWEG-Verwalter, 2. Aufl. 2010, A]ennißen in Jennißen/Schmidt 'mfung vorliege. V macht von seinem Recht zur AnfechtungRn: 852, so auch noch MerleBärmann, WEG, 12. Aufl. 2013,keinen Gebrauch, sondern lässt den AbberufungsbeschlussRn. 71; aA Becker in Bärmann § 26 Rn. 57.' Ausführlich Greiner mbestandskräftig werden. Anschließend verlangt er von derBeckOGKWEG,§26Rn.307.

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I. Pflichten des Verwalters gegenüber der Gemeinschaft und gegenüber den Wohnungseigentümem 1. Die rechtliche Ausgangslage Die Frage, wem gegenüber die Rechte und Pflichten des Ver-walters bestehen bzw. wer sie einfordern kann (die Gemein-schaft oder die Wohnungseigentümer?) ist seit der WEG-Re